Law Corner: OLG Düsseldorf – Wirksamkeit von Nachrangklausel in Anleihebedingungen

Dr. Lutz Pospiech & Dr. Josepha Rüberg, GÖRG

Der Law Corner Beitrag von Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, und Dr. Josepha Rüberg, Associate, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Mit Urteil vom 29.11.2018 hat das OLG Düsseldorf klargestellt, dass Nachrangklauseln in Anleihebedingungen wirksam vereinbart werden können. Die in Anleihebedingungen vorformulierte Vereinbarung der Nachrangigkeit der Anleiheforderungen ist gem. § 307 III BGB der AGB-Inhaltskontrolle entzogen, weil es sich nicht um eine von Rechtsvorschriften abweichende oder ergänzende Bestimmung, sondern um eine Leistungsbeschreibung handelt.

Urteil des OLG Düsseldorf (Az. I-13 U 59/18)
In dem der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt enthielten die Anleihebedingungen eine Nachrangklausel im Sinne des § 39 II InsO, wonach Forderungen der Anleihegläubiger in der Insolvenz des Emittenten erst nach den Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO sowie den in § 39 I InsO benannten Forderungen befriedigt werden. Nachdem der Insolvenzverwalter die im Rang des § 38 InsO zur Tabelle angemeldeten Anleiheforderungen daher bestritten hatte, klagten Anleihegläubiger auf deren Feststellung mit der Begründung, dass der in den Anleihebedingungen vereinbarte Nachrang unwirksam sei.

Das Gericht hatte die – höchstrichterlich bislang ungeklärte – Rechtsfrage zu entscheiden, ob die Vereinbarung des Nachrangs in den Anleihebedingungen AGB-rechtlich wirksam ist.

Wirksame Einbeziehung der Anleihebedingungen
Das OLG Düsseldorf hat die Feststellung der Forderungen der Anleihegläubiger im Rang des § 38 InsO zur Tabelle abgelehnt. Laut OLG Düsseldorf wurden die Anleihebedingungen mit der Vereinbarung des Nachrangs wirksam in das Vertragsverhältnis der Parteien einbezogen. Die umstrittene Frage, ob die Einbeziehungskontrolle des § 302 II BGB auf Anleihebedingungen überhaupt Anwendung findet, konnte dahinstehen, da im Wertpapierprospekt ausdrücklich auf die Ausgabebedingungen hingewiesen wurde.

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Auch sei die Nachrangvereinbarung keine überraschende Klausel i.S.v. § 305c I BGB. Letzteres setzt voraus, dass eine Klausel objektiv ungewöhnlich ist und deshalb nicht mit ihr gerechnet werden muss. Für die Ausgestaltung von Inhaberschuldverschreibungen nach § 793 BGB habe sich aber keine bestimmte Üblichkeit eingestellt. Insbesondere sei eine Üblichkeit dergestalt, dass ein Rangrücktritt ungewöhnlich wäre, nicht festzustellen.

Keine AGB-Inhaltskontrolle
Zudem sei die Nachrangklausel der AGB-Inhaltskontrolle entzogen: Gegenstand und Inhalt des verbrieften Leistungsversprechens werden nicht durch Gesetz, sondern allein durch die Anleihebedingungen näher bestimmt. Diese stellten somit keine Klauseln dar, mit denen von Rechtsvorschriften abgewichen wird, sondern seien vielmehr Bestandteile des Leistungsversprechens selbst. Klauseln, die lediglich der Beschreibung der Hauptleistung dienen, sind gemäß § 307 III BGB kontrollfest, d.h. sie unterliegen keiner gerichtlichen Inhaltskontrolle.

Im Übrigen würde die Nachrangklausel nach Ansicht des OLG Düsseldorf einer Inhaltskontrolle auch standhalten, weil der Rangrücktritt die Anleihegläubiger nicht nach Treu und Glauben benachteilige. Der Nachrang stelle einen Ausgleich für den hohen Vertragszins dar.

Fazit
Im Hinblick auf eine mögliche AGB-Kontrolle von Nachrangklauseln für Fremdkapitalinstrumente ist danach zu differenzieren, ob sich die jeweiligen Hauptleistungspflichten bereits aus dem Gesetz oder hingegen erst aus der vertraglichen Ausgestaltung ergeben. Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass sich bei einer Anleihe – wie bei Genussrechten – deren Inhalt nicht aus dem Gesetz, sondern erst durch die tatsächliche vertragliche Ausgestaltung ergebe. Das Urteil des OLG Düsseldorf steht insoweit im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH, der in seinem Urteil vom 03.05.2018 (Az. IX ZR 75/17) entschieden hat, dass eine Nachrangklausel bei Genussrechten keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterfällt.

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