Auf der Suche nach einem Unterschlupf bei Anleihen

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Weil das weltweite Wachstum auf festeren Füßen steht, bewegen sich mehrere große Zentralbanken in Richtung einer Straffung ihrer Geldpolitik. Die Auswirkungen einer möglichen zeitlich abgestimmten Anhebung der Zinsen durch die Zentralbanken ist den Anleihenmärkten noch immer relativ wenig bekannt. Das wirft die Frage auf, ob im Halten von Anleihen aktuell irgendein Wert besteht.

„Ein synchronisierter Schritt der Zinsanhebung unter den Zentralbanken dürfte bei den Staatsanleihen der Industrienationen für hohe Volatilität sorgen“, ist Quentin Fitzsimmons, Portfoliomanager und Mitglied des Global Fixed Income Investment Teams, T. Rowe Price, überzeugt. „Durch dieses Umfeld zu navigieren, verlangt nach einem smarten Ansatz.“

Synchronisierte Zinsanhebung dürfte hohe Volatilität mit sich bringen
Genaue Positionierung auf der Zinskurve entscheidend
Relative Positionierung von Ländern und Zinskurven-Positionierung werden wichtiger

Das Blatt wendet sich
Nach Jahren einer übermäßig entgegenkommenden Geldpolitik scheint sich das Blatt zu wenden. Die Federal Reserve steht kurz davor, die sich in ihrem Besitz befindenden 4,5 Bio. USD schweren Anleihen ab Oktober abzubauen. Im Dezember dürfte sie für die dritte von ihr verabschiedete Zinserhöhung dieses Jahres sorgen. Unter den anderen großen Zentralbanken hat die Bank of Canada die Zinsen bereits zweimal seit Juli erhöht, und auch die Bank of England bewegt sich erstmals seit einem Jahrzehnt langsam in Richtung einer Erhöhung der Zinsen, um den Inflationsdruck abzukühlen. Darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass die europäische Zentralbank in Kürze ein Tapering ihres Anleihenkaufprogramms bestätigen wird, das im kommenden Jahr beginnen dürfte.

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„Bei der Portfoliokonstruktion wird wahrscheinlich die genaue Positionierung auf der Zinskurve in den Mittelpunkt rücken“, sagt Quentin Fitzsimmons. „US-Anleihen mit langen Laufzeiten werden trotz des zunehmenden Drucks am kurzen Ende der Zinskurve stabil bleiben.“ Während die Fed auf ihrem letzten Meeting für Klarheit über ihren Zinserhöhungszyklus gesorgt habe, habe sie ebenfalls ihren Ausblick auf die Terminal Rate – die Rate, bei der die Wirtschaft weder expandiert noch abflaut – von 3 auf 2,75% gesenkt.

Reduziert Japan seine Anleihekäufe?
Das Gegenteil könnte dem Experten zufolge auf Japan zutreffen, wo darüber spekuliert wird, dass die Bank of Japan ihre Käufe von Anleihen mit längeren Laufzeiten reduzieren könnte. Das könnte in einer steileren Kurve resultieren. In anderen Märkten dürften auch technische Faktoren, wie die Nachfrage heimischer Investoren, eine Rolle spielen. „Während Ende und Bauch der Zinskurve Großbritanniens im aktuellen Umfeld verletzlich ausschauen, gibt es für 50-jährige britische Staatsanleihen Unterstützung durch technische Faktoren“, sagt Fitzsimmons und fügt an, dass die mögliche Nachfrage nach diesem Teil der Zinskurve den Zahlungsverpflichtungen von britischen Versicherungs- und Rentenanstalt nachkommen müsse.

Neben der Positionierung auf der Zinskurve bestehe ein weiterer Weg, um durch das gegenwärtige Umfeld zu navigieren, in der Auswahl von Ländern, die weniger anfällig für ein Umfeld der Zinserhöhung sind. In dieser Hinsicht rage Australien heraus. Denn obwohl dessen heimischer Anleihenmarkt nach Ansicht von Quentin Fitzsimmons wahrscheinlich eine Reaktion auf einen Abverkauf von US-Staatspapieren zeigen dürfte, sollte er schnell dazu zurückkehren, von den heimischen Fundamentaldaten getrieben zu werden, wenn sich der Markt beruhigt. „Die in der Warteschleife stehende Reserve Bank of Australia wird die heimische Zinskurve gleich belassen“, meint der Portfoliomanager.

Israel als Refugium für Zinsvolatilität?
Auch Israel sei Fitzsimmons zufolge ein mögliches Refugium für Zinsvolatilität. Weil es weniger Signale für eine Inflation der dortigen Wirtschaft gebe, dürfte die Israelische Zentralbank in absehbarer Zeit unverändert bleiben. Dennoch sieht es auch hier danach aus, als würde die Zinskurve hier einen ähnlichen Verlauf nehmen, wie er von den Vereinigten Staaten verfolgt wird.

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„Hieraus ergibt sich, dass die implizierte Steilheit der Zinskurve im gegenwärtigen Klima eine verlockende Gelegenheit schafft“, erklärt Fitzsimmons. Ein anderer Markt, der das Potenzial hat, weniger mit den Hauptmärkten zu korrelieren, ist dem Experten zufolge Malaysia. „Die starke Investorenbasis in Malaysia sollte dabei helfen, die steigenden Gewinne nach oben zu begrenzen“, so Fitzsimmons. Er fügt hinzu, dass die Zinsvolatilität bei malaysischen Staatsanleihen im Allgemeinen niedriger sei.

Niedrig rentierende Märkte werden attraktiver
Nichtsdestotrotz: Sollten Länder mit niedrigen Zinsen einfach abgetan werden? Nach Meinung des Portfoliomanagers kann das Investieren in niedrig rentierende Märkten, in denen die Finanzierung günstig ist, trotz der Geldpolitik der dortigen Zentralbanken einen vergleichsweise attraktiven relativen Wert auf einer währungsbesicherten Basis bieten. „Schweden ist das perfekte Beispiel für ein Land, in dem wir weiterhin Werte finden, auch wenn Anleihen sehr hoch gehandelt werden“, so Fitzsimmons. „Der positive Effekt, der sich aus der Währungssicherung ergibt, macht dies für US-Dollar-, Sterling- und Euro-Investoren attraktiv“, fügt er hinzu.

Quentin Fitzsimmons, T. Rowe Price

Q. Fitzsimmons, T. Rowe Price

Weil die Zentralbanken versuchen, über den kniffligen Pfad einer wohl überlegten geldpolitischen Straffung zu schreiten, verlagert sich das Umfeld insgesamt weg von einer reinen Betrachtung der Laufzeit hin zu einer relativen Positionierung von Ländern sowie einer Zinskurven-Positionierung. Das Suchen nach einem Unterschlupf bei festverzinslichen Wertpapieren fühlt sich gegenwärtig sehr wie eine aktive Position an.

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