Law Corner: Die Rechtsmacht des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren

Dr. Lutz Pospiech & Josepha Rüberg, GÖRG

Law Corner Beitrag von Dr. Lutz Pospiech, Assoziierter Partner, und Josepha Rüberg, Rechtsanwältin, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München.

Nach § 19 III SchVG ist ein gemeinsamer Vertreter allein berechtigt und verpflichtet, die Rechte der Anleihegläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Wurde ein gemeinsamer Vertreter bestellt, ist der einzelne Anleihegläubiger nicht mehr zur Wahrnehmung seiner Rechte im Insolvenzverfahren befugt. Die konkrete Reichweite der Rechtsmacht des gemeinsamen Vertreters aus § 19 III SchVG ist allerdings unklar: Einige Zweifelsfragen hat der BGH mit seinem Urteil vom 22.3.2018 (Az. IX ZR 99/17) nun geklärt.

Ausgangslage
Es ist zwischen der Rechtsmacht des gemeinsamen Vertreters im Außenverhältnis und seiner Berechtigung im Innenverhältnis zu unterscheiden. § 19 III SchVG regelt allein Ersteres. Im Innenverhältnis unterliegt der gemeinsame Vertreter weiterhin den Weisungen der Anleihegläubiger.

Rechtsstellung
Entgegen vereinzelter Stimmen in der Literatur, die eine gesetzliche oder organschaftliche Vertretung annehmen, stellt der BGH klar, dass der gemeinsame Vertreter ein rechtsgeschäftlicher Vertreter ist. Er trete damit weder als Partei kraft Amtes noch als Prozessstandschafter auf. Soweit seine Vertretungsbefugnis reicht, hat der gemeinsame Vertreter die Rechte der Anleihegläubiger im fremden Namen geltend zu machen.

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Reichweite der Rechtsmacht
Die Vertretungsmacht des gemeinsamen Vertreters umfasst allein die vertraglichen und verbrieften Rechte der Anleihegläubiger und ist im Außenverhältnis nicht beschränkbar. Das Alleinvertretungsrecht des gemeinsamen Vertreters bezieht sich nur auf solche Rechte, die den Anleihegläubigern nach den Anleihebedingungen gleichermaßen zustehen. Hiervon erfasst sind auch vertragliche Schadensersatzansprüche, die die dem ursprünglichen Leistungsinteresse der verbrieften Forderung entsprechen und damit gleichermaßen allen Anleihegläubigern zustehen. Deliktische oder andere gesetzliche Ansprüche (z.B. aus Prospekthaftung) sind wegen ihrer Verschiedenartigkeit hingegen nicht erfasst.