Law Corner: Demnächst für alle Freiverkehrsemittenten – Insiderlisten ante portas!

Dr. Thorsten Kuthe, Madeleine Zipperle,
Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Der Law Corner Beitrag von Dr. Thorsten Kuthe und Madeleine Zipperle, Rechtsanwälte, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Freiverkehrsemittenten unterlagen bislang keiner Pflicht zur Führung eines Insiderverzeichnisses. Das ändert sich ab dem 3. Juli 2016. Zu diesem Datum werden die Vorschriften der Marktmissbrauchsverordnung in den EU-Mitgliedstaaten wirksam. Sie bringen wichtige Änderungen mit sich, über die bereits an dieser Stelle zu lesen war. Der folgende Beitrag geht speziell auf die Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen (neuer Name: Insiderlisten) ein.

Künftig müssen Emittenten im Freiverkehr kraft Gesetzes Insiderlisten führen. Dies gilt auch für alle in ihrem Auftrag oder für ihre Rechnung handelnden Personen wie etwa externe Berater. Diese Pflicht greift nicht nur in den qualifizierten Freiverkehrssegmenten wie dem Entry Standard, dem Primärmarkt und m:access, sondern auch im allgemeinen Freiverkehr, sofern die entsprechenden Papiere auch dort auf Initiative des Emittenten gehandelt werden. Somit müssen auch diejenigen Emittenten eine Insiderliste führen, die ihre Anleihe zwar privat platziert, dann aber (quasi als „Add On“) noch eine Freiverkehrsnotierung herbeigeführt haben.

In die Insiderliste müssen alle Personen aufgenommen werden, die für den Emittenten tätig sind und Zugang zu Insiderinformationen haben. Darunter fallen zum Beispiel Arbeitnehmer, Abschlussprüfer, Berater, aber auch Ratingagenturen und andere. Bezüglich aller dieser Personen mit Zugang zu Insiderinformationen müssen deren Identität, der Grund für ihre Aufnahme in die Liste, das Datum und die Uhrzeit des Zugangs zu Insiderinformationen und das Datum der Erstellung der Liste aufgeführt werden. Soweit ein Unternehmen für den Emittenten tätig wird (z.B. eine Steuerberatungsgesellschaft), ist u.E. in Anlehnung an die bisherige Praxis im regulierten Markt dieses für den Emittenten tätige Unternehmen mit einem Ansprechpartner in der Liste des Emittenten zu benennen. In der eigenen Liste des für den Emittenten tätigen Unternehmens sind dann die Mitarbeiter dieses Unternehmens zu erfassen, die Zugang zu den Insiderinformationen des entsprechenden Emittenten haben.

Die Insiderliste muss stets auf dem aktuellen Stand gehalten werden, d.h. sämtliche Änderungen sind unverzüglich einzutragen, wie beispielsweise die Änderung des Erfassungsgrundes von bereits erfassten Personen oder der Zugang einer noch nicht erfassten Person zu Insiderinformationen oder aber auch wenn eine erfasste Person keinen Zugang mehr hat. Jede Aktualisierung ist ebenfalls mit Datum und Uhrzeit zu versehen. Die Europäische Kommission beabsichtigt, 2016 verbindliche Standardformate für die Insiderlisten und deren Aktualisierungen zu erlassen. Die Insiderliste ist für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ab Erstellung oder Aktualisierung aufzubewahren.

Des Weiteren müssen die betroffenen Unternehmen alle in der Insiderliste erfassten Personen über ihre insiderrechtlichen Pflichten sowie über die einschlägigen Sanktionen bei Verletzung dieser Pflichten aufklären und sich schriftlich bestätigen lassen, dass die in der Insiderliste erfassten Personen diese Pflichten anerkennen.

Die Sanktionen bei Verletzung dieser Pflichten sind hart. Es drohen Geldbußen gegen den Emittenten von bis zu 1 Mio. EUR und für dessen Geschäftsleiter von bis zu 0,5 Mio. EUR. Die verhängten Bußgelder werden im Internet unter namentlicher Nennung des Emittenten und ggf. des Vorstands/Geschäftsführers veröffentlicht, sogenanntes „naming and shaming“.

Fazit
Freiverkehrsemittenten müssen künftig auch Insiderlisten führen. Sie sollten rechtzeitig geeignete Strukturen schaffen, um die Erfüllung der damit verbundenen Pflichten sicherzustellen. Ein Verstoß kann hohe Strafen zur Folge haben.