Was nun, Signore Draghi?

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Kurz vor der heutigen Sitzung des EZB-Rats wurde das Protokoll der geldpolitischen Beratungen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) vom 3. Dezember des Vorjahres veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass verschiedene Ratsmitglieder weitreichendere Beschlüsse fassen wollten, als dies geschehen ist.

Doch das ist Geschichte und heute werden die Karten wieder neu gemischt. Zumal sich in diesen sechs Wochen die Finanzmärkte dramatisch verändert haben. So büßte der DAX gegenüber dem Handelsschluss am 2. Dezember 1.798,38 Punkte und der Dow Jones 1.962,94 Punkte ein. Bei den Renditen der 10-jährigen Anleihen führte dies spiegelbildlich zu einer deutlichen Verringerung sowohl in den USA (von 2,188% auf 1,993%) als auch in Deutschland (von 0,518% auf 0,484%).

An dem Währungspaar Greenback/Euro ist diese ganze Marktbewegung per Saldo fast spurlos vorbeigegangen und hat sich sogar als Stärkung des Euros entpuppt (von 1,0585 USD auf 1,0900 USD). Trotz der erdrutschartigen Bewegungen an den Aktien- und Rohstoffmärkten ist allerdings nicht zu erwarten, dass die EZB-Notenbanker heute einen weiteren Zinsschritt beschließen werden. Vielmehr spricht einiges dafür, dass man nicht mit einer neuen Medikation in einen wilden Aktionismus verfällt und somit die bisherige Behandlungsmethode in Frage stellt.

Dennoch bläst der EZB insbesondere durch die wirtschaftliche Abkühlung in China und den fallenden Rohölpreis der Wind ins Gesicht. So können die bisher beschlossenen Maßnahmen kaum Wirkung entfalten. Besondere Brisanz erfährt die heutige Sitzung aber auch durch die jüngste Ankündigung des Bundesverfassungsgerichts, das in der Sache „Anleihekaufprogramm OMT der Europäischen Zentralbank“ eine mündliche Verhandlung für den 16. Februar 2016 um 10 Uhr anberaumt wurde. Zugrunde liegt dieser Verhandlung der OMT-Beschluss des EZB-Rats vom 6.9.2012, der nun über den Umweg beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Juni 2015 wieder nach Karlsruhe zurückkehrt.

In der Hoffnung auf eine Stimmungsaufhellung an den internationalen Finanzmärkten wird sicherlich das Hauptaugenmerk der Marktteilnehmer auf die heutige Pressekonferenz des EZB-Präsidenten Mario Draghi gerichtet sein. Denn aktuell sind die Börsianer und die Investoren mit einer Herde wilder Büffel zu vergleichen, die alles niedertrampeln, was sich ihnen in den Weg stellt. Dass in einem solchen Marktumfeld die angedachten Zinserhöhungen in England und den USA in weite Ferne rücken, sollte nicht überraschen. Vielmehr gilt es, sich der psychologischen Komponente im Börsenhandel bewusst zu werden und mit wohl bedachten Worten die Büffelherde zu beruhigen. Mario Draghi, it’s your turn!

Zurückhaltung ist angesagt
Die Marktturbulenzen an den Aktienmärkten sind sicherlich auch dafür verantwortlich, dass am Primärmarkt für Corporate Bonds die Emissionstätigkeit fast zum Erliegen kam. Zwar wird seit geraumer Zeit darüber spekuliert, dass mit der Fluggesellschaft easyJet ein bisher noch nicht aktiv gewordener Emittent am Kapitalmarkt auftreten wird. Doch in dem aktuellen Marktumfeld ist es nicht verwunderlich, dass diese Neuemission auf sich warten lässt.

Investor_homeLediglich das früher unter dem Namen Kraft Foods bekannte und inzwischen umfirmierte Unternehmen Mondelez International legte eine Anleihe im Volumen von 700 Mio. EUR auf (WKN: A18W1G). Ausgestattet mit einem jährlichen Kupon von 1,625% und einer Endfälligkeit am 20.1.2023 (Make Whole Option zum 20.10.2022 zu pari) wurde die Gattung mit einem Emissionsspread von +123 bps über Mid Swaps begeben.

Größere Aktivitäten waren hingegen bei den Financials zu verzeichnen. Hierbei wurden von sehr unterschiedlichen Emittenten wie z.B. der niederländischen ABN Amro Bank (A18WZC / 2028), der finnischen Pohjola Bank (A18W1T / 2021), der Royal Bank of Canada (A18W1A / 2021) und der Norddeutschen Landesbank (NLB8KA / 2021) Anleihen aufgelegt.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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