Standpunkt German Mittelstand: Mittelstandsanleihen – Investorenmündigkeit oder Investorenmüdigkeit?

Standpunkt German Mittelstand: Mittelstandsanleihen: Trend zur Projektfinanzierung hält an

Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag (CIO des STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I) regelmäßig zum Markt für Mittelstandsanleihen und Fragen der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. In dieser Ausgabe befassen wir uns mit der gewachsenen Investorenmündigkeit durch den steigenden Grad der Professionalisierung.

Bis vor zwei Wochen sprachen alle Beteiligten von einem Bombenstart in Sachen Neuemissionen ins Jahr 2015. Rekordzahlen fast wie 2012. Beteiligte Bankberater freuten sich über volle Bücher. Nun, nach dem „Scheitern“ von drei Anleihen, schauen schon wieder alle verkatert aus der Wäsche. Ist das richtig? Oder spricht nicht gerade dieses Scheitern für die von allen Beteiligten eingeforderte Investorenmündigkeit?

Zwei Seiten einer Medaille
Die fortschreitende Professionalisierung im Mittelstandssegment zeigt deutlich ihre Wirkung. Scheinbar schaffen es kapitalmarktunfähige Unternehmen oder schwarze Schafe nicht mehr ohne weiteres an den Kapitalmarkt. Es gibt jedoch immer zwei Seiten einer Medaille: Die Kehrseite der Professionalisierung ist, dass vorerst das emittierte Gesamtvolumen nicht mehr an die Boomjahre des Segments heranreichen wird. Dies sollte man als positives Zeichen der Professionalisierung deuten. Auch Emissionsbegleiter haben aus den Erfahrungen der Vergangenheit gelernt und sagen Emissionen lieber ab, anstatt sie mit Gewalt in den Markt zu drücken. Im 1. Quartal 2015 wurden Neuemissionen im Volumen von 80 Mio. EUR emittiert, Privatplatzierungen eingerechnet. Das ist nur ¼ des Volumens des 1. Quartals 2012 und etwas mehr als die Hälfte des Emissionsvolumens des 1. Quartal 2013. (2013: 127 Mio. EUR, 2014: 125 Mio. EUR, 2012: 322 Mio. EUR).

Investorenmündigkeit oder Investorenmüdigkeit?
Sind Investoren mitten in den Turbulenzen des Mittelstandssegements zu ihrer Mündigkeit erwacht? Im Fall der Investoren bei Mittelstandsanleihen hat es erst eine Reihe von Insolvenzen gebraucht um zu verstehen, dass Anleihen mit hohen Renditen, in Expertenkreisen auch High Yield Bonds genannt, in einer Zeit des Niedrigzinsniveaus wohl auch ein Risiko aufweisen. Dass der Kauf dieser Anleihen nicht ohne eine genaue GERMANY DEMONSTRAGIONPrüfung erfolgen kann und ein Rating alleine noch lange keine Aussage über die Ausfallwahrscheinlichkeit des Investments gibt, ist allen Beteiligten nun klar. Die gestiegene Investorenmündigkeit führt dazu, dass auch die Attraktivität des Kupons für Investoren keine positive Entscheidung generiert. Zuerst kommt die Rückzahlung des Engagements – dann die Höhe des Kupons bei der Anlageentscheidung. Und die Folge? Neuemissionen werden abgesagt. „Das Chancen-Risiko-Profil von Anleihen wird noch genauer geprüft, die Ansprüche an Covenantausgestaltungen sowie Besicherungsstrukturen sind deutlich gestiegen. Die gestiegene Investorenmündigkeit führt zu einer Selbstreinigung des Mittelstandsmarktes und ist eben nicht mit einer Investorenmüdigkeit zu verwechseln“, zieht Ralf Meinerzag eine positive Bilanz aus den Ereignissen des Marktgeschehens der vergangenen Wochen.

Ein neuer Trend: Privatplatzierungen
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Ein Augenmerk sollte man jedoch auf die steigende Anzahl Privatplatzierungen im Mittelstandssegment legen. Dieses Bild zeigte sich schon 2014 und setzt sich 2015 weiter fort. Im Jahr 2015 wurde bisher rund die Hälfte der Neuemission (bzw. Aufstockungen) im Gesamtvolumen von rund 90 Mio. EUR über Privatplatzierungen abgewickelt. Bei Privatplatzierungen werden ausschließlich institutionelle Investoren angesprochen. Unternehmen profitieren in turbulenten Zeiten von einer geräuschlosen Umsetzung. Da bei einer Privatplatzierung kein öffentliches Angebot nötig ist, bestehen für Emittenten auch keine Prospekt- und Publizitätspflichten. Bei Privatplatzierungen sind Risiken und Renditepotenziale nur schwer abzuschätzen. Investoren müssen sich also unbedingt die Frage stellen, ob sie über die Kreditwürdigkeit des Unternehmens hinreichend informiert sind. Auch hier sehen wir eine Tendenz zur Investorenmündigkeit. „Die Investoren hinterfragen eben auch die Privatplatzierungen und investieren nicht ausschließlich nach dem Kriterium der Kuponhöhe. Bloß bekommt die breite Öffentlichkeit das Scheitern einer Privatplatzierung nicht mit“, so Ralf Meinerzag. Gute Emittenten streben trotz Privatplatzierung ein gewisses Maß an Transparenz an und vereinbaren in ihren Anleihebedingungen trotz Notierung im Freiverkehr die Informationspflichten gemäß Entry Standard einzuhalten.

Im „Standpunkt German Mittelstand“ äußert sich das Team um Ralf Meinerzag regelmäßig zum Markt für Mittelstandsanleihen und Fragen der Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmen. Der STEUBING GERMAN MITTELSTAND FUND I investiert in Mittelstandsanleihen aus dem deutschsprachigen Raum und bietet seinen Investoren die Möglichkeit, in das Segment der Mittelstandsanleihen diversifiziert und liquide zu investieren. Weiterführende Informationen erhalten Sie unter www.germanmittelstandfund.de

Ralf Meinzerzag, Seubing AG

Ralf Meinzerzag, Steubing AG

20. April 2015
Pressekontakt: Klaus-Karl Becker +49 172 61 41 955, Klaus-Karl.Becker@steubing.com

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