Scholz-Schlamassel geht in die nächste Runde: ein Drama mit S allerorten – ein Kommentar von Falko Bozicevic

Scholz Holding ist in konstruktiven Gesprächen mit Fremdkapitalgebern über eine finanzielle Restrukturierung zur Herstellung einer nachhaltigen Kapitalstruktur - Positives Feedback aus Investorenprozess

Auch das nun sicherlich ungeplant: Der gerichtlich bestellte Vertrauensmann der Scholz-Anleihegläubiger, Dr. Schirp, trat von seinem Amt zurück. Scholz skurril – ein Krimi mit S.

Auf der Anleihegläubiger-Versammlung der Scholz-Anleihe am 19. Mai in Wien (österreichisch „Tagfahrt“ genannt) wurde eine vermeintliche Einigung vorgelegt, nach der die Anleihegläubiger mit 7,6% ihres Kapitals abgefunden werden. Die Wiener Rechtsanwältin, die als Kuratorin bestellt wurde, wird diese Einigung im Namen aller Anleihegläubiger abschließen und so auf 166 Mio. EUR verzichten.

Auch die Vertrauensleute der Anleihegläubiger sollten dieses Papier unterschreiben. Bei den vorausgehenden Verhandlungen durften sie – teilweise jedenfalls – beisitzen, eine Einflussmöglichkeit besaßen sie indes nicht.

Scholz Holding GmbH: Finanzielle Restrukturierung der Scholz Holding GmbH nähert sich dem erfolgreichen AbschlussVertrauensmann Dr. Wolfgang Schirp wurde gänzlich von den Verhandlungen ausgeschlossen, da er sich weigerte, eine Schweigeverpflichtung zu unterschreiben. So hätte er nicht einmal Anleihegläubiger, die ihn immerhin zu ihrem Vertrauensmann gewählt hatten, über die Verhandlungen informieren dürfen.

Dr. Wolfgang Schirp wird zitiert mit „Die ‚Einigung’ ist formell anstößig und materiell nachteilig für die Anleihegläubiger“. Diese sog. Einigung trage er ausdrücklich nicht mit, wolle aber auch Anleihegläubigern, die auf immerhin 7,6% ihrer ausstehenden Forderungen bauen, nicht im Wege stehen.

Scholz Holding ist in konstruktiven Gesprächen mit Fremdkapitalgebern über eine finanzielle Restrukturierung zur Herstellung einer nachhaltigen Kapitalstruktur - Positives Feedback aus InvestorenprozessDie ehemals unter österreichischem Recht begebene Scholz-Anleihe über fast 200 Mio. EUR greift auf ein Gesetz aus dem Jahre 1874 zurück. Zur Verfügung gestanden hätte immerhin auch das deutsche Schuldverschreibungsgesetz von 2009 – auch nicht ganz so stringent, wie wir aktuell im Rahmen diverser AGVs sehen.

Schirp moniert, dass  die Wiener Rechtsanwältin, die vom Handelsgericht Wien zur Kuratorin bestellt worden ist, die Rechte der Scholz-Anleihegläubiger zwangsweise vertrete. Normalerweise besäßen Anleger individuelle Rechte, mit denen sie sich wehren können (Kündigung, Klage, Stellung eines Insolvenzantrags). Diese Rechte standen nun nach österreichischem Recht exklusiv besagter Kuratorin zu. Diese machte davon aber nicht den geringsten Gebrauch. Anleger waren entmündigt und mussten – quasi im Wachkoma – zusehen, wie sie enteignet wurden.

491917753Mitte Januar war die württembergische Scholz mit ihrem Firmensitz nach London geflüchtet. Nach deutschem Recht wäre wohl schon früher ein Insolvenzantrag fällig gewesen, vermutet Schirp. Nach englischem Recht gibt es größeren Auslegungsspielraum bei der Frage einer vermeintlichen Überschuldung.

Der Büroraum in London betrage offenbar nur wenige Quadratmeter – bestehend de facto mehr oder minder aus einer Gemeinschaftstoilette, wie man unlängst herausfand. Also tatsächlich eine Flucht.

Insolvenzexperte Schirp sieht nach dieser desolaten Vorstellung nur noch die Möglichkeit, Vater und Sohn Scholz (Berndt-Ulrich Scholz und Oliver Scholz) persönlich in Regress zu nehmen.

Die Aussichten sicherlich: mehr als vage

Dr. Wolfgang Schirp

All but extremely amused: Dr. Wolfgang Schirp

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