Prokon setzt „Stunde der Wahrheit“ bis auf Weiteres aus

...fragt sich am Ende nur für WEN?!
Prokon Unternehmensgruppe

Gestern endete das „Ultimatum“, dass Prokon seinen Genussrechtsinhabern stellte. Danach sollten 95% einer Art Stillhalteerklärung zustimmen. Aber nur 53% kamen dieser Aufforderung aktuell tatsächlich nach. Ob die angedrohte Insolvenz damit kommt, ist derzeit ungewiss, u.a. auch, weil die insolvenzrechtliche Einordnung offener Genussrechtszahlungen bislang noch nicht eindeutig geklärt werden konnte.

Der umstrittene Ökostrom- und Genussrechtskapitalanbieter Prokon hat sein Ziel damit offenkundig verfehlt: 95% des Genussrechtskapitals waren nach der Aufforderung von Prokon aufgerufen, bis einschließlich dem 20. Januar eine Art Stillhalteerklärung abzugeben, nach der sie ihre Genussrechte zunächst behalten und nicht kündigen werden. Andernfalls drohe die Insolvenz. Tatsächlich hätten nach aktuellen Angaben des Unternehmens bis heute 15 Uhr nur etwa 63% der Genussrechtsinhaber eine Erklärung abgegeben. Davon stimmten den Daten zufolge knapp 53% oder 40.284 Anleger, die über 743 Mio. EUR des ausstehenden Genussrechtskapitals von insgesamt 1,4 Mrd. EUR vertreten, einem Kündigungsaufschub zu. Etwa 7,5% oder 6.771 Anleger, die wiederum über 104,5 Mio. EUR repräsentieren, hätten ihre Genussrechte dagegen bisher gekündigt.

Wie es nun kurzfristig weitergeht und ob Prokon tatsächlich einen Insolvenzantrag stellen wird, ist gegenwärtig noch offen. Vergangenen Donnerstag erklärte Geschäftsführer Carsten Rodbertus unter Berufung auf einen hinzugezogenen Insolvenzberater, dass die Prämissen für eine Insolvenz möglicherweise bislang gar nicht gegeben seien: Prokon sei beinahe vollständig durch nachrangiges Genussrechtskapital finanziert. Angesichts der aktuellen Schieflage könne Prokon derzeit aber weder die Zinsen auf die Genussrechte noch das gekündigte Kapital auszahlen. Nach Ansicht des Insolvenzrechtlers wären diese Forderungen in einem Insolvenzverfahren möglicherweise aber nicht als fällige Forderungen gegen das Unternehmen im Sinne der Insolvenzordnung zu bewerten. Da laut Prokon seitens anderer, nicht nachrangiger Gläubiger keine offenen Forderungen bestehen, müsste das Gericht einen Insolvenzantrag ablehnen, weil damit keine Insolvenztatbestände vorliegen würden. Diese Frage soll nun durch Rechtsgutachten geprüft werden. Träfe dies aber zu, heißt es weiter, bedeutet das für alle Genussrechtsinhaber, dass sie untereinander gleichberechtigt erst dann Zahlungen erhalten würden, wenn Prokon wieder über die nötige Liquidität verfügt.

Derweil ruft Prokon trotz inzwischen abgelaufener Frist weiterhin zur Stimmabgabe auf. Dies soll Prokon bzw. gegebenenfalls dem vorläufigen Insolvenzverwalter helfen, „ein möglichst vollständiges Bild von der Anlegermeinung zu erhalten“, ist auf der Webseite zu lesen.

Hintergrund: Prokon hatte seine Anleger in einem Schreiben vom 10. Januar vor einer drohenden Insolvenz gewarnt, sollten sie ihre Einlagen (weiter) abziehen. Der Konzern forderte seine Investoren u.a. auf, eine Verpflichtung darüber abzugeben, investierte Gelder nicht vor dem 31. Oktober 2014 abzuziehen. 95% des ausstehenden Genussrechtskapitals sollten zustimmen, ansonsten drohe der Gang zum Konkursgericht noch im Januar (BondGuide berichtete). Der Prokon-Konzern befindet sich aktuell in einer finanziellen Schieflage, infolgedessen der Kapitaldienst für die Genussrechte bis auf Weiteres eingestellt wurde. Die ungewöhnliche und zugleich überraschende Ankündigung und das darauffolgende Medienecho lösten offenbar eine Kündigungswelle in den Genussrechten aus, die die Schieflage zusätzlich verstärkten. Inzwischen bat Prokon bei seinen Anlegern ausdrücklich um Entschuldigung und rief erneut dazu auf, auf eine Kündigung zu verzichten.

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