Diese Dominanz der Bankkreditfinanzierung ist, aufgrund der damit verbundenen Abhängigkeit, der EU-Kommission seit längerem ein Dorn im Auge. Die Kommission bekommt für ihre Pläne zudem Unterstützung von der EZB, die kritisiert, dass die bankenlastige Finanzierung zu hohen systemischen Risiken und geringem Wirtschaftswachstum führe. Auch die Deutsche Bundesbank unterstützt die Forderung nach einer stärkeren Kapitalmarktorientierung in Europa, weil sie sich davon eine effizientere Finanzierung verspricht.
So hat die Kapitalmarktunion unter anderem zum Ziel, Regeln zur Rechnungslegung und zum Insolvenzrecht in Europa zu vereinheitlichen und die Transparenzanforderungen von Unternehmen verschiedener Herkunftsländer zu vergrößern. Damit wären Investoren auch zunehmend bereit, in bonitätsschwächere Unternehmen zu investieren.
Banken müssten Geschäftsmodelle anpassen
Zudem sollen auch Privatplatzierungen standardisiert und damit vereinfacht werden sowie der Markt für Verbriefungen wiederbelebt werden. Nach der Verschärfung der Regeln für die Emission solcher Papiere im Nachklang der Finanzkrise soll es für Banken nun wieder leichter werden, Kredite zu verbriefen und am Kapitalmarkt zu platzieren.
„Von der Initiative würden Banken und Investoren gleichermaßen profitieren“, fügt Stefan Bund an. Die Banken, weil sie Forderungen aus der Bilanz verkaufen und damit Ressourcen fürs Kredit-Neugeschäft schaffen könnten. Und Investoren, weil der Markt und somit das Angebot an Investitionsmöglichkeiten wieder massiv wachsen könnte. „Das klassische Kreditgeschäft wird zwar an Bedeutung verlieren, dafür können Banken Unternehmen bei der Platzierung von Anleihen und Private Placements am Kapitalmarkt begleiten und an Provisionen statt wie bisher an den Zinsmargen verdienen“, so Bund.
Fazit
Die klassische Fremdfinanzierung von KMUs über Kreditinstitute wird angesichts des sich wandelnden wettbewerblichen und regulatorischen Umfelds einer Neuausrichtung unterworfen werden (müssen). Insbesondere die Möglichkeiten der Digitalisierung schaffen dabei aber sowohl neuen innovativen Anbietern am Kapitalmarkt als auch den traditionellen Banken nützliche Möglichkeiten ihre Geschäftsfelder auszubauen bzw. neu auszutarieren. Beschränkungen die in der bisherigen Form für kapitalsuchende KMU bestanden, dürften sich damit zunehmend abbauen und den Nutzen für sämtliche beteiligten Parteien erhöhen.
Ike Nünchert
Grafiken und Quellen alphabetisch: Bundesbank, Deutsche Bank, IfM, ifo, KfW, quirin bank, Scope, Statista TU Darmstadt und ZEW