Mundfäule – der Expertenkommentar von Chefredakteur Falko Bozicevic

Falko Bozicevic, BondGuide

Einige Emittenten von Mittelstandsanleihen lernen gerade erst, wie wichtig aktive, nachhaltige und zeitnahe Kommunikation ist – zu spät, meine Lieben!

Der Fall Maritim Vertrieb – siehe bitte auch Seite 7 sowie vor allem unsere Online-Berichterstattung dazu – ist nur das jüngste Beispiel. Erst als das Kind schon ins Hafenbecken gefallen war, sah sich der Schleppschiffspezialist gezwungen, doch mal Kapitalmarktkommunikationsprofis ranzulassen.

Spät, aber immerhin nicht zu spät. Sollte man jedenfalls meinen. Jedoch steht der Maritim-Kurs weiterhin nur bei rund 90% – und das, obwohl am 1. Dezember ja angeblich bombensicher zu 100% zurückgezahlt werden soll. Theoretisch sieht man hier eine rechnerische Jahresrendite von rund 50%. Also entweder ist der Markt schwerwiegend ineffizient – oder das genaue Gegenteil: Das Misstrauen, das sich im gegenwärtigen Kurs weiterhin spiegelt, bleibt berechtigt.

So einfach ist verloren gegangenes Vertrauen offenbar doch nicht reversibel. Nächstes Beispiel: Golden Gate. Die Anleihe des Immobilienunternehmens ist gar schon in zwei Monaten fällig, schleppt sich jedoch halbtot bei Kursen von 75% durch Vorwärtskommunikation sieht anders aus. Vorwärts ist, wenn man nicht erst durch äußere Umstände oder z.B. nervige  Journalisten dazu gezwungen wird. Vorwärts ist, wenn ich beispielsweise vom Unternehmen „pro-aktiv“ angesprochen werde und mir ein Sachverhalt erläutert wird, bevor mir überhaupt in den Sinn kam, ihn zu erfragen, z.B. da ich nicht alle 150  Unternehmensanleihen täglich-minütlich im Blick behalten kann.

Durchaus denkbar wäre gewesen, dass eine Firma M. im Vorfeld Kontakt mit uns aufgenommen hätte (gern auch mit unseren Mitbewerbern natürlich), um auszuloten, „was meinen Sie, wie eine beabsichtigte Verlängerung der Anleihe im Markt aufgenommen würde, wie könnte man das angehen?“. Durchaus denkbar wäre gewesen, dass uns eine Firma G. anspricht, „was meinen Sie, wo die Gründe für das große Misstrauen liegen, das sich weiterhin im Kurs widerspiegelt?“. Durchaus denkbar war, dass uns Firma E. kontaktiert und sagt: „Lassen Sie uns bitte erklären, warum wir den aktuellen Anleihekurs  schwerlich akzeptabel finden“.

Da fallen mir noch ein Dutzend weitere Beispiele ein. Und Lesern – mithin ‚echten‘ Anlegern – eher zwei oder drei Dutzend.