Moskau blitzt am Kapitalmarkt ab

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG
Klaus Stopp

Der russische Kapitalmarkt bekommt die sich verschärfende Ukraine-Krise zu spüren. Zum wiederholten Mal hat nun Moskau eine geplante Auktion von Staatsanleihen abgesagt. Begründet wurde dieser Schritt vom Finanzministerium mit den „negativen Marktbedingungen“.

Coat_of_Arms_of_the_Russian_Federation.svgIn jüngster Zeit waren die Renditen, die Investoren für russische Anleihen verlangen, deutlich gestiegen. Inzwischen muss der Kreml für zehnjährige Schuldtitel wieder 8,7% zahlen und damit so viel wie seit Mai nicht mehr. Im Gegenzug fielen die Kurse, wie an einem auf USD lautenden Bond (WKN 249138), der bis Juli 2018 läuft, beispielhaft abzulesen ist. Der Titel ging auf 130% zurück, nachdem er Ende Juni noch bei 133% notierte.

Headquarters_of_the_International_Monetary_Fund_(Washington,_DC)Das Misstrauen gegenüber Moskau macht sich auch in einem Aderlass an Kapital bemerkbar. So haben ausländische Investoren im ersten Halbjahr rund 75 Mrd. USD abgezogen – ein Betrag, der sich nach einer Prognose der Weltbank im Jahresverlauf auf bis zu 150 Mrd. USD erhöhen könnte. Die Kapitalflucht schlägt sich direkt in der russischen Wirtschaft nieder, denn das Geld fehlt für dringend notwendige Investitionen. Der IWF rechnet daher für Russland in diesem Jahr mit einer wirtschaftlichen Stagnation.

Auswirkungen aufgrund des Ukraine-Konflikts verhängten EU-Sanktionen wird auch die deutsche Volkswirtschaft zu spüren bekommen. Sie treffen nach Einschätzung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages rund jeden vierten Exporteur. Deshalb drängt der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft darauf, zu erklären, unter welchen Bedingungen Wirtschaftssanktionen wieder aufgehoben werden. Es drohe sonst eine dauerhafte Verunsicherung von Investoren, eine zunehmende Isolierung und Abkehr Russlands vom Westen und eine Schädigung der konjunkturellen Entwicklung in ganz Europa. Auch ohne Wirtschaftssanktionen dürften die deutschen Exporte nach Russland und in die Ukraine in diesem Jahr um über 6 Mrd. EUR sinken, rechnet der Ost-Ausschuss. Allein dadurch seien in Deutschland mindestens 25.000 Arbeitsplätze in Gefahr.

Talanx platziert zwölfjährigen Bond
Auch in diesem Jahr scheint zur Jahresmitte die Bereitschaft der Unternehmen, Geld an den internationalen Kapitalmärkten aufzunehmen, nicht besonders groß zu sein. Einerseits ist sicherlich die urlaubsbedingte Abwesenheit vieler Finanzchefs dafür verantwortlich, andererseits könnten aber auch prall gefüllte Kassen der Grund sein. Andere Erklärungen kommen angesichts der niedrigen Zinsen eigentlich nicht infrage. Vereinzelt nutzen verschiedene Emittenten dennoch die Gunst der Stunde und treten in Erscheinung.

hannover_talanx_So brachte der deutsche Versicherer Talanx bereits in der vergangenen Woche eine 12-jährige Anleihe mit Fälligkeit Juli 2026 (TLX210) erfolgreich am Kapitalmarkt unter. Der Kupon des 500 Mio. EUR schweren Bonds beträgt 2,5%. Gepreist wurde die Anleihe bei +97 bps über Mid Swap, was einem Emissionspreis von 99,143% entsprach.

RM_lorries_in_loading_bay_orgAm Mittwoch emittierten zwei weitere bekannte Unternehmen Bonds in einem Volumen von jeweils 500 Mio. EUR. Das führende französische Immobilienunternehmen GECINA begab eine 1,75%-Anleihe mit einer Laufzeit von 7 Jahren (ISIN FR0012059202) bei 99,317%, was einen Spread von +92 bps über Mid Swap bedeutete. Bei dem zweiten Unternehmen handelt es sich um Royal Mail, den nationalen Postdienst im Vereinigten Königreich. Die Anleihe (XS1091654761) ist in 10 Jahren endfällig und mit einem Kupon von 2,375% ausgestattet. Bei einem Emissionskurs von 99,482% bedeutet dies ein Spread von +108 bps über Mid Swap.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Relevante Informationen und Kurse rund um das Thema Anleihen finden Sie auf Baader Bondboard.