Mittelstandsanleihen: Wirrwarr – ein Kommentar von Fondsmanager Ralf Meinerzag, Steubing

Ralf Meinerzag, CIO, SGMF I, Steubing AG

Beate Uhse und das Theorem des Homo oeconomicus
Kommen wir mal nicht so gestelzt daher und untersuchen das Verhalten von Beate Uhse unter der Prämisse des Theorems des Homo economicus und beschreiben es hier kurz und deftig als „rein in die Kartoffeln – raus aus den Kartoffeln“. Vor einem Monat wollte Beate Uhse in einer 1. Gläubigerversammlung ein Sanierungsgutachten nach IDW S6 zur Abstimmung bringen. Wie erwartet, wurde das erforderliche Quorum von 50% nicht erreicht. Auch die zweite Gläubigerversammlung vorletzte Woche kam nicht mit den erforderlichen 25% Anwesenheit zustande.

Aber Beate Uhse hatte sich etwas Neues einfallen lassen. Mit One Square Advisory wurde der gewohnte Verdächtige zum gemeinsamen Vertreter gewählt. Wichtig: Der gV kann nunmehr auch die essentielle Zinsstundung nach eigenem Ermessen beschließen sowie die Sonderkündigungsrechte seitens der Gläubiger aussetzen. (BondGuide) Alle dachten, unter der Prämisse des rationalen Handelns ist es dem Vorstand von Beate Uhse gelungen, den Gordischen Knoten zu zerschlagen und die unwilligen Gläubiger auszubooten.

Aber nur zwei Tage später lesen wir: „Die Zinsen für die Anleihe Beate Uhse 2014/19 sollen innerhalb der nächsten 14 Tage gezahlt werden. Die dafür nötige Liquidität werde von dritter Seite zur Verfügung gestellt. Damit sind die Beschlüsse der 2ten AGV von Mittwoch über Bord gekippt. (…) Dies dürfte zahlreiche Fragen nach sich ziehen, z.B. ob der am Mittwoch gewählte gemeinsame Vertreter – One Square Advisory – auf Einsetzung klagen könnte, immerhin wurde er ja gewählt, und zwar rechtskräftig, um Investoreninteressen zu vertreten. Also was wiegt jetzt höher, die Adhoc-Meldung des Emittenten oder die Beschlüsse von Mittwoch ?!“ Also doch: Rein in die Kartoffeln – raus aus den Kartoffeln.

Meinerzag plus X

Fondsmanager Ralf Meinerzag (r.)

Rund 20 Jahre hielt die Epoche des Sturm und Drangs oder Wirrwarrs in der deutschen Literatur. Bei den Mittelstandsanleihen sprechen wir momentan von sieben heißen Wochen des Wirrwarrs. Wir hoffen, dass es nicht noch länger anhält, dass wir uns wieder mehr mit Zahlen und Fakten beschäftigen können und wir keine so starke emotionale Komponente mit einbeziehen müssen. Das macht dieses Segment aus unserer Sicht noch unübersichtlicher, als es schon ist.

18. Juli 2016
Pressekontakt: Klaus-Karl Becker +49 172 61 41 955,
klaus-karl.becker@steubing.com, www.germanmittelstandfund.de