„Lieber am Steuer als auf dem Rücksitz“ – Interview mit Sanders-Geschäftsführer Hans-Christian Sanders

Abstimmung der Gläubiger ohne Versammlung ist beschlussunfähig. 2. Anleihegläubigerversammlung als Präsenzveranstaltung im Januar 2016 geplant

Interview mit Hans-Christian Sanders, Gebrüder Sanders GmbH & Co. KG, über den aktuellen Aufruf zur Änderung der Anleihebedingungen (keine Panik: KEINE Restrukturierung), Kapitalmarkterfahrungen und Billigfuchser aus Fernost

BondGuide: Herr Sanders, Sie haben dieser Tage ein Anschreiben an Ihre Anleihegläubiger verschickt. Was ist denn das Anliegen?
Sanders: Das ist richtig. Wir haben uns kürzlich mit unserer Gesamtstruktur und damit der Zukunft von Sanders beschäftigt und dabei festgestellt, dass wir in unserer Unternehmensanleihe 2013/18 einen Passus haben, der uns weder gegenwärtig war, noch aktuell hilfreich ist.

BondGuide: Welcher ist das? 
Sanders: Es ist die sogenannte Negativerklärung. Sanders hat eine Vereinbarung mit der Commerzbank, sozusagen als Hausbank – und wollten wir diese ablösen bzw. ersetzen, so könnte sich eine außerordentliche Kündigungssituation für die Anleihe ergeben. Die Commerzbank hat bei den von Sanders gestellten Sicherheiten eine ziemlich gute Verhandlungsposition, genau deshalb wäre uns daran gelegen, hier für uns bessere Alternativen wählen zu können. Dieser Passus macht uns ziemlich unflexibel. Daher würden wir ihn gerne ändern und Alternativen aufbauen, um diese zu nutzen. Natürlich würden die bei der Commerzbank frei werdenden Sicherheiten auch der neuen Hausbank zur Verfügung gestellt, das steht außer Frage.

BondGuide: Das klingt nach ggf. auch einem vorzeitigen Call der Anleihe – der ist bislang aber auch nicht im Prospekt erhalten.
Sanders: Genau. Auch in diesem Punkt waren wir 2013 beim Übergang von der ersten, privat platzierten Anleihe zur besagten 2013/18er Anleihe – ich gebe es gern zu – zu unbedarft. Aktuell ist kein vorzeitiger Call der Anleihe vor Ende 2018 möglich.

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BondGuide: Und auch da möchten Sie eine Anpassung?
Sanders: Exakt, schauen Sie sich das Gesamtbild an, das sich hier zeigt: In den Anleihebedingungen fehlt uns die eine oder andere Klausel, die uns Spielräume eröffnet, um aktuelle Marktopportunitäten nutzen zu können. Wir rufen weder zu Restrukturierung noch sonst etwas auf, im Gegenteil: Wir möchten flexibler werden gegenüber den Bedingungen von Ende 2013 und daran kann allen Anleihegläubigern genau wie uns nur gelegen sein!

BondGuide
: Wie kann es sein, dass man rund zwei Jahre nach Emission einer Unternehmensanleihe mögliche, sagen wir mal, Versäumnisse in den Klauseln feststellt?

Sanders: Asche über unser Haupt – wir waren offensichtlich keine Kapitalmarktspezialisten. Als die erste einjährige und privat platzierte Anleihe 2013 fällig wurde – und ja auch korrekt zurückgezahlt –, haben wir als Neuling am Kapitalmarkt gemeinsam irgendwie nicht über die nötige Weitsicht verfügt. Wir sind jetzt auch klüger als 2013.

BondGuide: Können Sie denn Ihre Investoren identifizieren? – Sympatex hatte mit demselben Thema ziemliche Probleme: der Streubesitz war zu hoch.
Sanders: Ungefähr 40% des Investorenkapitals konnten wir schon lokalisieren. Für ein erstes Quorum bräuchten wir also nochmals 10 Prozentpunkte. Für eine zweite Anleihegläubigerversammlung, wo man nur 25% braucht, wären wir also sehr zuversichtlich, für die erste AGV immerhin einigermaßen zuversichtlich.

BondGuide: Wie eilig haben Sie es denn?
Sanders: Haben wir nicht – wir möchten es nur eben doch zeitnah bewerkstelligen. Wir können das Thema nicht ignorieren und aufschieben bringt auch nichts. Daher lieber jetzt die Prozeduren einleiten als einen Monat vor Ablauf des Commerzbank-Deals im Frühjahr eine denkbar schlechte Verhandlungsposition einnehmen. Wir möchten lieber jetzt am Steuer sitzen als in einigen Monaten nur auf dem Rücksitz.

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BondGuide: Apropos am Steuer sitzen: Sitzt Sanders bezüglich seines operativen Geschäfts am Steuer oder ist man von externen Faktoren abhängig?
Sanders: Selbstverständlich ist die gesamt-weltwirtschaftliche Entwicklung auch einer der Hauptfaktoren unseres Business. Das Betten- und auch Heimmarktgeschäft läuft in rezessiven Phasen sogar relativ stabil, bekannt unter Cocooning Effekt.

BondGuide: Geopolitik ist ein Thema, selbst für Betten?
Sanders: Aber ja! Unsere Lohnkosten in der Ukraine – fast an der ungarischen Grenze übrigens –, generell die Kosten vor Ort, sind inzwischen sogar günstiger als in China. Für die Zukunft ist das ein wichtiges Element für Sanders, denn die Zeiten chinesischer Dumping-Preise nähern sich ihrem Ende. Und zu recht. Inzwischen können wir günstiger sein als unsere Freunde in Fernost. Jetzt spielen plötzlich Qualität und relative Nähe zum Produktionsort wieder eine Rolle – und da können wir punkten.

BondGuide
: Welche Entwicklung wäre Ihr Favorit für den Produktionsstandort Ukraine?
Sanders: Seien wir mal ehrlich: Die Ukraine wird absehbar nie eine blühende Landschaft im Osten werden. Wir sind schon zufrieden, wenn dort keine Kampfhandlungen stattfinden. Seit der letzten Investorentelefonkonferenz vor einem Jahr ist der Trend eindeutig positiv. Möglicherweise soll die ukrainische Währung sogar in Kürze gefloatet werden, d.h. sie wird eher noch günstiger.

Hans-Christian Sanders; Quelle: Börse Frankfurt

Hans-Christian Sanders; Quelle: Börse Frankfurt

BondGuide: Herr Sanders, besten Dank für die zeitnahen Auskünfte!

Das Interview führte Falko Bozicevic.