Das Spiel des Jahres – „Colt Express“ auf Griechisch

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG
Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten,
Baader Bank AG

Das „Hellas-zentrische Weltbild“ dominiert weiterhin die internationalen Finanzmärkte und gleichzeitig schieben sich alle mit Griechenland zusammenhängenden Wörter auf der Liste der möglichen „Unwörter des Jahres 2015“ weiter nach oben.

Fakt ist, dass der Schuldenberg trotz eines Schuldenschnitts gewachsen ist und dass eine neuerliche Reduzierung nur bedingt Sinn machen würde. Ein Schuldenerlass von 50 Mrd. EUR würde keine Reformen nach sich ziehen, die so dringend nötig wären. Auch immer wieder von der allerletzten Chance zu reden, ist einfach nur noch nervig. Denn die Verantwortlichen in Griechenland haben sich mit dem Taktieren während der vergangenen Monate inzwischen in Europa selbst in die Nähe des Ausgangs manövriert.

Immer häufiger fühlt man sich in diesem Zusammenhang an das kürzlich zum Spiel des Jahres 2015 gekürte Gesellschaftsspiel „Colt Express“ erinnert. Bei dieser Western-Parodie werden die Spieler zu Banditen, die Zugreisende überfallen und ausrauben. Gewonnen hat der Oberbandit und das ist derjenige, der am Ende – wie könnte es anders sein – das meiste Geld erbeuten konnte.

Trotz des vielen Geldes, das von Hellas vereinnahmt wurde, ist der einzige „Erfolg“ der Regierung in Athen, dass man es geschafft hat, die Staatengemeinschaft in Europa zu spalten und nach zahllosen leeren Versprechungen die Bevölkerung in Griechenland an den Rand einer humanitären Katastrophe zu führen. Und das Verwerfliche an dieser Situation ist nun, infolge der fehlenden Perspektiven an das Mitgefühl der Politiker zu appellieren. Erneut fiebern die Mitwirkenden des griechischen Dramas dem kommenden Sonntag entgegen. An diesem Tag werden alle 28 Staats- und Regierungschefs beraten, ob man Griechenland mit einem dritten Hilfspaket unterstützen sollte, um anschließend in verschiedenen europäischen Länderparlamenten darüber abstimmen zu lassen. Doch die Bereitschaft vieler Politiker dafür tendiert inzwischen gegen „Null“, da man von den nicht gehaltenen Versprechungen seitens griechischer Regierungen die Nase voll hat.

Noch am Sonntag hat man in Griechenland spontan den Sieg über den Kapitalismus gefeiert, um nun in Europa immer weiter ins Abseits zu rutschen. Dass nun die Geldgeber auf die konkreten Reformvorschläge aus Griechenland warten, scheint selbst die Hellenen zu überraschen. Und von der erhofften stärkeren Position des Alexis Tsipras ist nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil, man hat das Gefühl, dass mit dem Referendum die seit Monaten vermisste Patientenverfügung nachgereicht wurde, die ein Abschalten der lebensnotwendigen Maßnahmen ermöglicht. Parallel dazu müsste aber die für einen Großteil der griechischen Bevölkerung entstehende menschliche Katastrophe gemildert werden, indem man Griechenland die humanitäre Unterstützung für Entwicklungsländer zubilligt.

Doch wer denkt, dass bereits am kommenden Sonntag der letzte Vorhang in dieser Tragödie fallen wird, hat nicht unsere Politiker mit ins Kalkül gezogen. Da kein Politiker als Totengräber des europäischen Gedankens in die Geschichtsbücher eingehen möchte, wird bis zum 20. Juli weiter verhandelt. Erst an diesem Tag wird mit der fälligen Rückzahlung von 3,5 Mrd. EUR an die Europäische Zentralbank (EZB) final entschieden, ob es heißt „isch over“. Dies hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble freilich auch schon im Februar mit Blick auf ein Ultimatum zum damaligen Monatsende gesagt.

Medizinischer Gerätehersteller mit Kapitalbedarf
In diesem Marktumfeld ist sicherlich nicht verwunderlich, dass sich die Unternehmen mit Aktivitäten am Primärmarkt meistens in Zurückhaltung üben. Dennoch refinanzierte die Finanztochter DH Europe Finance S.A. mittels vier Anleihen insgesamt 2,7 Mrd. EUR. Die Mindeststückelung aller Bonds beläuft sich allerdings auf nominal 100.000 EUR, wodurch diese Gattungen für Privatanleger eher uninteressant sein werden.

Ein Betrag von 500 Mio. EUR wurde mittels eines Floaters (3 Monats-Euribor + 45 Bp) eingesammelt, der am 30.6.2017 (WKN: A1Z3YD) endfällig sein wird. Weitere 600 Mio. EUR wurden als 1%er mit einer Fälligkeit 8.7.2019 begeben. Gepreist wurde die Anleihe (A1Z3YE) mit 99,70%, was einem Emissionsspread von +72 bps über Mid Swap entsprach. Der dritte Part im Volumen von 800 Mio. EUR verfügt über einen jährlichen Kupon von 1,7%. Die am 4.1.2022 endfällige Gattung (A1Z3YF) wurde bei 99,65% aufgelegt, was einen Emissionsspread von +100 bps über Mid Swap gleich kam. Den Schlusspunkt setzte das Unternehmen mit einer Anleihe (A1Z3YG) im Volumen von ebenfalls 800 Mio. EUR und einer Laufzeit bis zum 8.7.2025. Ausgestattet mit einem Kupon von 2,5% wurde die Gattung bei 99,88% gepreist, was einen Emissionsspread von +130 bps über Mid Swap bedeutete.

In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass sich der Emittent ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu einem vordefinierten Spread über der entsprechenden Referenzanleihe hat einräumen lassen.

EcolabMit dem US-Unternehmen Ecolab, einem weltweit führenden Anbieter von Produkten und Dienstleistungen im Bereich der industriellen Reinigung und Hygiene für Hotels, Restaurants und Brauereien, hat sich ein weiteres Unternehmen am Primärmarkt gezeigt. Mittels einer am 8.7.2025 fälligen Anleihe (A1Z3W9), die mit einem Kupon von 2,625% ausgestattet ist, wurden 575 Mio. EUR refinanziert. Gepreist wurde der Bond mit 99,71%, was einen Emissionsspread von +145 bps über Mid Swap ergab.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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