Spannendes Instrument- Anleihen zur Finanzierung von Immobilien und anderen Projekten

Dr. Anne de Boer

Anleihen können auch ein interessantes Instrument sein, um Immobilien und allgemein Projekte zu finanzieren. Eigentlich sind Immobilien- und Projektentwickler dabei nicht anders als andere Unternehmen: Sie haben einen Geschäftsbetrieb und möchten Gewinne machen. Aus Finanzierungssicht gibt es aber einige Besonderheiten, die auf die Strukturierung einer Anleihe durchschlagen.

Anleihe als Teil der Gesamtfinanzierung
Anleihen können durch eine Holdinggesellschaft, eine Projektgesellschaft oder eine gesonderte Finanzierungsgesellschaft innerhalb der Gruppe emittiert werden. Die Erlöse der Anleihe können für den allgemeinen Geschäftsbetrieb verwendet werden oder nur für bestimmte Projekte. Die Entscheidung richtet sich u.a. danach, wer für die Rückzahlung der Anleihe haften soll. Die gewählte Struktur kann auch Einfluss auf das Rating und die Platzierbarkeit einer Anleihe haben.

Immobilien- und Projektanleihen stellen oftmals wirtschaftlich Mezzanine- oder Eigenkapital dar bzw. ersetzen solches. Dies folgt insbesondere daraus, dass die Anleihe im Hinblick auf Sicherheiten wirtschaftlich nachrangig z.B. gegenüber einer Bankenfinanzierung steht, wenn sie ergänzend zu einer Fremdfinanzierung emittiert wird. Der Anleiheerlös bei einer Holding kann auch in eine Projektgesellschaft als echtes Eigenkapital eingelegt werden.

Finanzinformationen der Emittentin
Eine wichtige Besonderheit bei Immobilien- und Projektgesellschaften ist, dass diese häufig aufgrund der Projektzyklen über keine oder wenig aussagefähige Finanzinformationen verfügen. Dies muss sowohl bei der Prospekterstellung, dem Marketing als auch dem Rating beachtet werden.

Sofern für die Emission Zukunftsplanungen verwendet werden sollen, müssen diese geprüft und der Bericht des Wirtschaftsprüfers in den Prospekt aufgenommen werden. Bei Projektentwicklungen muss der Anleger zudem davon überzeugt werden, dass das eine oder die Projekte vollständig finanziert sind. Sofern sich dabei aus den dargestellten Zahlen ein Maximal- oder Minimalgewinn der nächsten Jahre errechnen lässt, unterfallen diese Zahlen ebenfalls der Definition der Gewinnprognose und sind zu prüfen.
Besteht die Emittentin weniger als drei Jahre, sind zudem die Start-up-Regelungen zu beachten. Danach ist ein Businessplan – der keine Zahlen enthalten muss – in den Prospekt aufzunehmen.

Gutachten über Immobilien und Sicherheiten
Ist die Emittentin ein Immobilienunternehmen entsprechend Anhang XIX der Prospektverordnung, muss zudem ein Immobiliengutachten erstellt und veröffentlicht werden. Reine Projektentwickler, die Immobilien entwickeln, um diese zeitnah in der Regel innerhalb von 12 Monaten zu verkaufen, fallen wohl nicht darunter. Soweit Sicherheiten gestellt werden, werden regelmäßig Gutachten über deren Wert veröffentlicht und als Teil des Prospekts aufgenommen.

Sicherheiten und Mittelverwendungstreuhand
Immobilien- und Projektanleihen werden häufig durch Sicherungsrechte an bestehenden oder entstehenden Vermögensgegenständen oder Anteilen an Projekten, die aufgrund der Anleiheerlöse erworben werden, besichert. Die Sicherheiten werden jeweils durch einen Treuhänder für die (wechselnden) Anleger gehalten. Dem Emittenten sollte dabei abhängig vom Geschäftsmodell des Emittenten gestattet sein, die Sicherheiten auszutauschen, um die Immobilien und Projekte verwerten zu können.

Soweit auch eine Bank ein Projekt finanziert, müssen sich die Anleger bewusst sein, dass sie in der Regel nur nachrangig besichert werden. Ein solcher wirtschaftlicher Nachrang besteht auch dann, wenn den Anlegern Anteile einer Projektgesellschaft verpfändet wurden, die Vermögensgegenstände und Rechte der Projektgesellschaft selbst dagegen der Bank als Sicherheit dienen.

Bei einigen Anleihen, bei denen die konkreten Investitionsprojekte noch nicht feststehen, ist zudem eine Mittelverwendungskontrolle vorgesehen. Dabei gibt der Treuhänder die Mittel nur frei, wenn die zu finanzierenden Projekte die vorgesehenen Investitionskriterien erfüllen. Die Kriterien sollten genau festgelegt werden, dem Emittenten aber zugleich während der gesamten Laufzeit der Anleihe ausreichend Flexibilität gewähren.

Sicherstellung der Liquidität zur Zins- und Rückzahlung
Immobilien- und Projektunternehmen stellen sich regelmäßig die Frage, wie die Liquidität zur Zahlung von Zinsen und der Rückzahlung gesichert wird. Insbesondere wenn nur ein oder wenige Projekte finanziert werden, besteht eine starke Abhängigkeit von einem Exit oder einer Nachfinanzierung. Die Zahlung der Zinsen wird bei nicht ausreichendem Cashflow teilweise aus den Erlösen der Anleihe finanziert. Dafür wird ein höherer Anleihebetrag emittiert. Eine Zinszahlung am Ende der Laufzeit könnte theoretisch auch überlegt werden, könnte aber die Kapitalmarktfähigkeit erschweren.

Sofern ein Exit vor dem Laufzeitende gelingt, sollte ausreichende Liquidität zur Rückzahlung zur Verfügung stehen. Insofern kann überlegt werden, ein Rückzahlungsfenster vorzusehen. Ebenso können Überschüsse, die während der Laufzeit der Anleihe erzielt werden, unterlegt mit Ausschüttungssperren und einer Ansparung beim Treuhänder, für die Rückzahlung genutzt werden. Hierbei könnte ein erheblicher Geldbetrag über einen gewissen Zeitraum quasi ungenutzt beim Treuhänder liegen, was wirtschaftlich zu hinterfragen ist. Alternativ muss – wie bei anderen mittelständischen Anleihen – den Anlegern Sicherheit gegeben werden, dass eine zumindest teilweise Anschlussfinanzierung realistisch ist.

Fazit
Immobilien- und Projektanleihen sind ein spannendes Finanzierungsinstrument. In welchen Konstellationen und mit welchen Sicherungsstrukturen solche breit emittiert werden können, wird die Zukunft zeigen.

Von Dr. Anne de Boer, Partnerin, GSK Stockmann + Kollegen
Ursprünglich erschienen im Special "Anleihen 2013" des GoingPublic Magazins