Law Corner: Maßanzug – die erfolgsabhängige Verzinsung bei Anleihen

Der Law Corner Beitrag von Dr. Thorsten Kuthe und Madeleine Zipperle, Rechtsanwälte, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Der Markt für Anleiheprodukte wird zunehmend weiter ausdifferenziert. Mehr und mehr finden sich in der Praxis Gestaltungen, bei denen sogenannte „Equity-Kicker“ eingebaut werden. Das ermöglicht stark maßgeschneiderte Emissionen.

In der Finanzierungslandschaft ist derzeit viel Bewegung: Durch die reduzierten Finanzierungsangebote von Banken in Kombination mit den zunehmenden regulatorischen Anforderungen der Fondslandschaft, die etwa das Geschäft mit Publikumsfonds in erheblichem Umfang zum Erliegen gebracht haben, werden Anleihen in immer größerem Umfang als Finanzierungsmittel auch in Bereichen herangezogen, die früher einer Bankenfinanzierung oder auch Fondsprodukten vorbehalten waren. Dies wiederum hat zur Folge, dass Anleihen immer individueller ausgestaltet werden und der Wunsch aufkommt, Produktgestaltungen aus anderen Welten zu übertragen.

In diesem Zusammenhang ist in der Praxis ein Trend zu erkennen, zunehmend sog. Equity-Kicker in Anleiheemissionen einzubauen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Anleihen wirtschaftlich in solchen Fällen wirtschaftliches Eigenkapital ersetzen, da entweder die Banken einen höheren Eigenkapitalanteil fordern oder Fondsprodukte substituiert werden. Beispiele hierfür sind etwa die Finanzierung von Infrastrukturprojekten oder Asset-basierten Anlagen aus den Bereichen erneuerbarer Energien oder Immobilien. Daneben tritt die Finanzierung stark wachsender Geschäftsmodelle.

Wenn Investoren ein Risiko tragen, das Elemente des Eigenkapitalrisikos aufweist, kommt schnell die Frage auf, ob nicht auch die Vergütung Eigenkapitalelemente enthalten sollte. Daher haben wir in unserer Praxis in letzter Zeit eine Reihe von Emissionen mit sog. Equity-Kickern gesehen. Dies können zum einen Optionen oder Wandelschuldverschreibungen sein (vgl. zu solchen Gestaltungen Kuthe/Görtz, BondGuide Ausgabe 25/2014).

Als weitere Gestaltung gibt es Anleihen, die eine feste und daneben eine variable Verzinsung haben, welche wiederum von bestimmten Erfolgsfaktoren abhängt. Der Phantasie sind bei der Ausgestaltung quasi keine Grenzen gesetzt. Denkbar ist etwa, dass sich die feste Verzinsung um einen bestimmten festen Prozentsatz erhöht, solange das Unternehmen keine Verluste erwirtschaftet. Darüber hinaus kann die variable Vergütung auch vom Eintritt singulärer Ereignisse abhängig gemacht werden. Gerade wenn mit der Anleihe ein Projekt finanziert wird, könnte die variable Vergütung von einer erfolgreichen Realisierung, einem Projektverkauf oder dem Erfolg des Projekts abhängig gemacht werden. Denkbar ist auch eine prozentuale Beteiligung an einem Projekterfolg. Auch die Partizipation an einem Erlös einer Geschäftssparte des Unternehmens ist denkbar, ähnlich wie bei den sogenannten Tracking-Stock-Modellen.

Fazit
In rechtlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Vergütungsmodelle in den Anleihebedingungen geregelt werden. Dabei müssen oft Fragen geklärt werden wie: Liegt der Zahlungszeitpunkt vielleicht einige Zeit nach Ende der Laufzeit und wie sieht die Kontrolle der Höhe der variablen Vergütung aus? Anleihen mit entsprechenden variablen Vergütungen sind weiterhin Fremdkapital. Das hat nicht zuletzt prospektrechtlich zur Folge, dass der schnelle, effizientere Weg zur CSSF als Prospektbilligungsbehörde offensteht, wie er in der Praxis i.d.R. gewählt wird. Soll der Eigenkapitalcharakter noch stärker ausgeprägt sein und etwa Verlustbeteiligung und Nachrang aufgenommen werden, erhält das Ganze den Charakter eines Genussscheins. Die Anleihe ist dann eigenkapitalähnlich ausgestattet und damit ist für die Prospektbilligung die Behörde des Herkunftsstaates zwingend zuständig, bei einer Emission eines deutschen Unternehmens also die BaFin.