Law Corner: Kleinanlegerschutzgesetz, AIFM, Basel III, EU Marktmissbrauchsregelungen … – welches Finanzierungsinstrument denn nun?

Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek
Dr. Anne de Boer, RE,
Heuking Kühn Lüer Wojtek

Der Law Corner Beitrag von Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek

In den Jahren nach 2010 waren Mittelstandsanleihen angesagt, davor waren es Fonds und PREPS und davor mal und vielleicht jetzt wieder Börsengänge. Was kommt nun oder werden Projekte, die Banken nicht finanzieren, einfach nicht mehr realisiert? So schlimm ist es sicher noch nicht. Aber die Reformen der letzten Zeit haben die Situation ziemlich durchgewirbelt und man kann gespannt sein, inwieweit sich die Finanzierungslandschaft weiter verändert.

Die Crowdfinanzierung ist weiterhin möglich, ohne einen gebilligten Prospekt jedoch nur, wenn sie über Internet- Plattformen erfolgt, die bestimmte Anforderungen erfüllen, und insgesamt ein Betrag von 2,5 Mio. EUR nicht überschritten wird. Kleinere Start-up-Finanzierungen bleiben damit erleichtert möglich.

Die AIFM-Regelungen haben dazu geführt, dass bei Produkten, die Gewinne und Verluste gewähren, also auch Hybridanleihen, Genussscheine und -rechte, sofern kein operatives Unternehmen finanziert wird, die Fondsregelungen anwendbar sein können. Besonders kritisch ist dabei, dass dies auch bei Aktien oder Hybridanleihen dann gelten soll, wenn bereits die kapitalmarktrechtlichen Regeln gelten und beide Regime gleichzeitig zur Anwendung kommen können.

Stille Beteiligungen und Nachrangdarlehen einschließlich partiarischer Darlehen, die bislang vor allem durch kleinere Unternehmen im näheren Umfeld platziert wurden, unterfallen in Zukunft der Prospektpflicht nach dem Vermögensanlagengesetz1. Sie müssen zudem mindestens 24 Monate laufen. Für Unternehmen sind diese Finanzierungen aufgrund des Nachrangs bzw. des Mezzaninecharakters zwar interessant. Für Anleger bedeuten sie aber ein höheres Risiko. Sobald diese Produkte der Prospektpflicht und Mindestlaufzeit unterfallen, könnten wieder andere Finanzinstrumente wie Anleihen ausgewogenere und interessantere Finanzierungsinstrumente darstellen.

1) Sofern nicht bestimmte Ausnahmen vorliegen.

Bei sämtlichen Produkten im Kapitalmarkt wie Aktien und Anleihen müssen sich die Emittenten zukünftig mit den EU-Marktmissbrauchsregelungen auseinandersetzen und auch im Freiverkehr umfassende Insiderregelungen beachten (u.a. Ad-hoc-Informationen).

Anleihen werden zudem zunehmend privat platziert und ein öffentliches Angebot nur eröffnet, wenn es für eine Börsennotierung z.B. im Entry Standard erforderlich ist oder ein Restbetrag eingesammelt werden soll. Damit wird u.a. das Scheitern von Platzierungen weniger öffentlich.

Aufgrund der fehlenden Öffentlichkeit sind Schuldscheindarlehen bei geringeren Emissionsvolumen und schlechteren Bonitäten als Alternative zu Anleihen im Gespräch. Auch sind inzwischen besicherte Schuldscheindarlehen nicht mehr unüblich. Vorteil ist, dass die Inhaber bekannt und überschaubar sind; auch sind die Regelungen vertraulich. Die fehlende Anwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes wird teilweise durch individuelle Regelungen im Schuldscheindarlehen kompensiert. Die Sicherheitenstrukturen können sich auch an den Anleihen orientieren, wenn kein organisierender Facility Agent vorhanden ist. Allerdings haben Anleihen immer noch den Vorteil, dass sie einfacher übertragbar und auch an der Börse handelbar sind.

Ausblick
Es wird auch in Zukunft nicht die EINE Finanzierung geben. Vor allem im Bereich des Kleinanlegerschutzgesetzes, soweit es nicht um Crowdfinanzierungen geht, bleibt aber abzuwarten, ob z.B. die Anleihe zukünftig das einfachere Produkt ist und als Alternative stärker zu sehen sein dürfte. Der Gesetzgeber sollte aber nochmals prüfen, ob einheitlichere Regelungen für alle Produkte einerseits und die Anwendung jeweils nur eines Regimes, also AIFM oder Wertpapierrecht, ausreichend wären.

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