Law Corner: Die Technischen Standards zu den EU Marktmissbrauchsregelungen

Dr. Anne de Boer, Partnerin und Rechtsanwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek

Der Law Corner Beitrag von Dr. Anne de Boer, Rechtsanwältin und Partnerin, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Wie bereits mehrfach auch hier dargelegt, treten am 3. Juli 2016 die neuen Marktmissbrauchsregelungen in Kraft, mit dem das Kapitalmarktrecht EU-weit harmonisiert wird. Ende September letzten Jahres hat die ESMA auch den Final Report – Draft technical standards on the Market Abuse Regulation (Final Report der Technischen Standards) veröffentlicht, ebenso einen ersten Entwurf der Guidelines. Zudem werden die Marktteilnehmer noch Questions & Answers (Q&A) und eventuell weitere Auslegungsdokumente der Aufsichtsbehörden wie der BaFin erhalten.

Die Technischen Standards erhalten einige interessante Aspekte, auf die wir nachfolgend – wenn auch nicht auf alle – hinweisen möchten:

Insiderlisten – Dauerinsider
Die Technischen Standards und die entsprechende Durchführungsverordnung sehen vor, dass neben anlassbezogenen Insiderlisten als Erleichterung für Emittenten eine Dauerinsiderliste geführt werden kann. Als Dauerinsider werden dabei diejenigen bezeichnet, die Zugang zu allen Insiderinformationen haben, z.B. aufgrund ihrer Position oder Funktion. Ob dies auch ein Berater sein kann, der regelmäßig informiert wird, bleibt abzuwarten.

Insiderlisten – Angaben und Listen
Die Angaben in den Insiderlisten sind erheblich: So muss eine Vielzahl privater Daten angegeben werden wie private Telefonnummern und ID-Nummer. Die privaten E-Mail-Adressen wurden inzwischen wieder herausgenommen. Die Technischen Standards werden zudem derart verstanden, dass von den Vorlagen für Insiderlisten nicht abgewichen werden darf. Damit müssen auch solche Marktteilnehmer, die bereits Insiderlisten führen, prüfen, dass diese den Vorlagen der ESMA entsprechen und ihr Reporting entsprechend anpassen.

Marktsondierung – Regelungen gelten sowohl bei Sondierungen mit und ohne Insiderinformationen
Bei den Marktsondierungen enthalten die Technischen Standards eine erhebliche Ausweitung; dies dürfte vor allem die Emittenten und auch Emissionsbanken treffen. Nunmehr werden auch Sondierungen erfasst, die keine Insiderinformationen enthalten. Aufgrund der erweiterten Adhoc-Veröffentlichungspflichten dürfte solchen Marktsondierungen sogar die größere Bedeutung zukommen.

Für die Marktsondierung sehen die Technischen Standards erhebliche Formalien und Verfahrensregelungen vor:
– So müssen vor der Marktsondierung umfassende Zustimmungen vom angesprochenen Marktteilnehmer eingeholt werden.
– Zudem soll während der Sondierung i.W. die gleiche Informationsgrundlage für alle Angesprochenen verwendet werden.
– Die übersendeten Informationen und Gespräche sind dabei zu dokumentieren.
– Sofern eine übermittelte Insiderinformation keine solche mehr ist, ist dies ebenfalls den Marktteilnehmern mitzuteilen.

Immerhin stellen die Technischen Richtlinien klar, dass die Privilegierungen, wenn die Regelungen der Marktsondierung eingehalten wurden, auch für Block Trades und Privatplatzierungen gelten.

Welche Rechtsfolge Marktteilnehmern droht, wenn sie sich an einer Marktsondierung ohne Insiderinformationen beteiligen, und die Regelungen der MAR und Technischen Standards nicht einhalten, bleibt abzuwarten.

Directors‘ Dealings
Hinsichtlich der Directors‘ Dealings lassen die Technischen Standards zu, dass mehrere Geschäfte zusammen gemeldet werden, vorausgesetzt dass die Frist von 3 Tagen eingehalten wird.

Fazit
Neben der MAR sind unbedingt die weiteren Veröffentlichungen der ESMA und Aufsichtsbehörden zu verfolgen. Neben Erleichterungen und Auslegungshinweisungen enthalten diese auch wesentliche Regelungen, die zu beachten sind.

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