Law Corner: BaFin äußert sich zur aufsichtsrechtlichen Einordnung sogenannter Initial Coin Offerings (ICOs)

I. Wegerich und E. Recklin, Luther RAs
I. Wegerich und E. Recklin, Luther RAs

ICOs sind ein neues Mittel der Kapitalaufnahme zur Finanzierung unternehmerischer Vorhaben. Der Begriff ist an den des Initial Public Offering (IPO) angelehnt, also einen Börsengang. Die begriffliche Annäherung durch die Bezeichnung „ICO“ ist zumindest teilweise irreführend, denn sie erweckt den Eindruck, ICOs seien mit Aktienemissionen vergleichbar, was weder technisch noch rechtlich der Fall ist.

ICOs finden derzeit in zwei Formen statt: Die erste Form besteht aus Smart Contracts (Programmiercodes) beziehungsweise verteilten Anwendungen. Dabei handelt es sich vereinfacht ausgedrückt um programmierte Vereinbarungen, deren Programmcode auf einer bestehenden Blockchain wie Ethereum hinterlegt ist. Blockchains sind fälschungssichere, verteilte Datenstrukturen, in denen Transaktionen in der Zeitfolge protokolliert, nachvollziehbar, unveränderlich und ohne zentrale Instanz abgebildet sind. Die zweite Form von ICOs besteht in der Schaffung neuer Blockchains oder virtueller Währungen.

In beiden Formen werden also neue digitale Einheiten erzeugt. Die erzeugten Token werden meist in einem unregulierten öffentlichen Bieterverfahren an interessierte Anleger verkauft (Token Sale).

ICOs GRAFIK 2 Luther RAs Law CornerMeist schildern Anbieter ihr Vorhaben und die Funktionsweise der angebotenen Token in einem sogenannten Whitepaper; gelegentlich veröffentlichen sie auch Vertragsbedingungen (Terms and Conditions). Die Inhalte dieser Unterlagen sind im Unterschied zu den Prospekten einer Aktienemission weder gesetzlich vorgegeben noch von einer Aufsichtsbehörde auf Vollständigkeit geprüft. Im Gegensatz zu regulierten Prospekten ist die Dokumentation in den Whitepapers und Vertragsbedingungen oft objektiv unzureichend, unverständlich oder gar irreführend.

In ihrem Hinweisschreiben trifft die BaFin keine generelle aufsichtsrechtliche Einordnung von ICOs, sondern stellt auf eine Einzelfallprüfung des konkreten Sachverhalts ab.