Insiderhandel: Risikothema auch bei Anleihen

Von spektakulären Insiderhandelsskandalen hat man bisher vornehmlich im Zusammenhang mit Berichten von der Wallstreet gehört. Nur einige Fachleute verfolgen die oft Jahre dauernden Prozesse und Rechtsdiskussionen um Taten wie das sogenannte Scalping, bei dem ein Täter sein Opfer dazu motiviert, bestimmte Wertpapiere zu kaufen, an deren Kursgewinnen durch die so erzeugte Nachfrage er selbst wiederrum partizipiert. Das Risiko, leichtfertig mit Insiderinformationen umzugehen, ist auch bei der Auflage von oder dem Handel mit Anleihen nicht auszuschließen.

Insiderhandel
Bei Insiderinformationen handelt es sich um konkrete Informationen, die sich auf den Emittenten eines Insiderpapiers oder die Insiderpapiere selbst beziehen, nicht öffentlich bekannt sind und geeignet sind, den Börsen- oder Marktpreis des Papiers im Falle des Bekanntwerdens erheblich zu beeinflussen. Zu den Insiderpapieren zählen alle Finanzinstrumente, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen sind oder in einem regulierten Markt oder im Freiverkehr gehandelt werden. Bei Kenntnis solcher Informationen ist es jedermann verboten, ein Insiderpapier zu erwerben oder zu veräußern oder auf seinen Marktpreis durch Erwerb oder Veräußerung einzuwirken. Wer die Insiderinformation als Mitglied des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans des Emittenten, aufgrund einer Kapitalbeteiligung am Emittenten oder sonst aufgrund seines Berufes oder seiner Tätigkeit in Erfahrung gebracht hat, macht sich auch dann strafbar, wenn er die Information einem Dritten mitteilt oder zugänglich macht, ohne dazu eine berufliche Veranlassung zu haben. Ergänzend ist auch die Empfehlung an Dritte unter Strafe gestellt.

Leichtfertigkeit
Erwerb oder Veräußerung eines Insiderpapiers trotz Insiderwissen kann auch strafbar sein, wenn der Täter leichtfertig handelt. Leichtfertigkeit zeichnet sich durch eine besondere Nachlässigkeit, Unachtsamkeit oder Gleichgültigkeit gegenüber den Vorschriften über den Umgang mit solchen Informationen aus. Sie stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung im beruflichen Umfeld dar. Die Sorgfaltspflichten ergeben sich aus dem Wertpapierhandelsgesetz, dem Investmentgesetz und den dazu ergangenen Verordnungen. Der Gesetzgeber setzt voraus, dass jemand, der beruflich Umgang mit Insiderpapieren und Insiderinformationen hat, dabei seine persönlichen Kenntnisse und Erfahrungen sorgfältig einsetzt und auf angemessenen Umgang mit diesen Informationen achtet.

Vorkehrungen bei der Erlangung von Insiderinformationen
Wichtigste Vorkehrung im Umgang mit Insiderinformationen ist die berufliche und persönliche Verschwiegenheit. Informationen können und dürfen nur weitergegeben werden, wenn sichergestellt ist, dass dafür ein beruflicher Anlass besteht, der Mitteilungsempfänger die Information tatsächlich im Rahmen der Zusammenarbeit braucht. In der Praxis sind für die Informationsweitergabe sogenannte Insiderverzeichnisse anzulegen, in denen die Informationsweitergabe dokumentiert wird. Die Schulung von Mitarbeitern, was Insiderinformationen sind und wie damit umzugehen ist, ist für Emittenten und andere Marktteilnehmer eine der wichtigsten Vorkehrungen zum Schutz vor Fehlern.

Fazit
Der Umgang mit Unternehmensanleihen, Immobilien- oder Projektanleihen setzt eine gesteigerte Sorgfalt im Umgang mit solchen Informationen voraus, die den Marktpreis der Anleihe tatsächlich bewegen oder bewegen können. Um den Verdacht des Missbrauchs  solcher Informationen gar nicht erst aufkommen zu lassen, ist es erforderlich, über geeignete Präventionsmaßnahmen zu verfügen.

Dr. Dirk Scherp,
Of Counsel, GSK Stockmann + Kollegen