Die Vergütung des gemeinsamen Vertreters aller Anleihegläubiger

Von Dr. Christian Becker, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München

Aufgrund der Bedeutung des gemeinsamen Vertreters aller Anleihegläubiger als zentrales Informations- und Kommunikationsorgan und seiner oftmals zentralen Rolle im Rahmen der Umsetzung von Maßnahmen zur Restrukturierung einer Anleihe rückt unweigerlich auch die Frage nach der Vergütung des gemeinsamen Vertreters in den Fokus der Betrachtungen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Vergütung des „starken“ gemeinsamen Vertreters im eröffneten Insolvenzverfahren.

Allgemeine Vergütungsgrundsätze
Nach § 7 Abs. 6 SchVG trägt der Schuldner die durch die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters entstehenden Kosten und Aufwendungen, einschließlich einer angemessenen Vergütung des gemeinsamen Vertreters. Auch wenn die Gemeinschaft der Anleihegläubiger Auftraggeber des gemeinsamen Vertreters ist, richtet sich sein Vergütungsanspruch direkt gegen den Schuldner. Grundsätzlich handeln daher der bestellte gemeinsame Vertreter und der Schuldner die angemessene Vergütung aus. Eine etwaige Kostenübernahme durch die Anleihegläubiger steht insoweit in Widerspruch zu der klaren gesetzlichen Regelung.

In der Praxis wird ein gemeinsamer Vertreter häufig nach seiner Bestellung auf Stundenbasis vergütet. Insoweit können als Vergleichsmaßstab etwa die Stundensätze von auf dieses Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwälten herangezogen werden.

Vergütung des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren
Umstritten und von der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – noch nicht geklärt ist die Behandlung der Vergütungsansprüche des gemeinsamen Vertreters in einem eröffneten Insolvenzverfahren.

Teilweise wird vertreten, dass die nach Insolvenzeröffnung entstehenden Vergütungs­ansprüche des gemeinsamen Vertreters nachrangig seien (§ 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Andere Autoren in der Literatur gehen davon aus, dass nach Verfahrenseröffnung die Ansprüche des gemeinsamen Vertreters auf Vergütung Insolvenzforderungen im Sinne von § 38 InsO darstellen.

Von der deutlich überwiegenden Anzahl der Stimmen im Schrifttum werden die Vergütungs­ansprüche des gemeinsamen Vertreters im Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeiten qualifiziert. Begründet wird dies teilweise in Anlehnung an die Regelungen zu den Verfahrenskosten (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO). Andere sehen in dem Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters eine „in anderer Weise durch die Verwaltung begründete Masseverbindlichkeit“ (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Var. InsO) bzw. eine „oktroyierte Masseverbindlichkeit“ (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Var. InsO).

Masseverbindlichkeiten sind solche Verbindlichkeiten, die

(i) im Grundsatz nach Verfahrenseröffnung begründet werden,
(ii) mit der Abwicklung des Insolvenzverfahrens zusammenhängen und
(iii) aus der Masse vorweg befriedigt werden.

Fazit
Nach der herrschenden Meinung im Schrifttum wird der Vergütungsanspruch des gemeinsamen Vertreters demzufolge vor den Insolvenzgläubigern befriedigt. Dies überzeugt aus meiner Sicht, da das gesetzlich vorgesehene Institut des starken gemeinsamen Vertreters in der Insolvenz (vgl. § 19 Abs. 3 SchVG) ansonsten in der Praxis nicht umzusetzen wäre.