Der weite Anwendungsbereich der Marktmissbrauchsverordnung für Anleiheemittenten im Freiverkehr

Am 3. Juli 2016 erlangte die neue Verordnung über Marktmissbrauch (MAR) EU-weite Geltung und ersetzte die bis dahin bestehenden nationalen Regulierungen zu Insiderhandel und Marktmissbrauch. Die MAR wird unter anderem auch diejenigen Anleiheemittenten betreffen, deren Finanzinstrumente an einer europäischen Börse oder einem sonstigen multilateralen Handelssystem (MTF) zugelassen sind.

Von Robert Michels und Valeria Hoffmann, Dentons Europe, Frankfurt

MTF bedeutet ein System oder einen Mechanismus, der die Interessen einer Vielzahl Dritter am Kauf oder Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems zusammenführt. Damit sind auch die deutschen Freiverkehrssegmente als MTF von der MAR betroffen. Voraussichtlich ab 1. Januar 2018 werden von der MAR zusätzlich auch die sogenannten organisierten Handelssysteme (OTF) erfasst.

Bei Verstößen gegen die MAR können Privatpersonen im Falle einer Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu EUR 5 Mio. und juristische Personen mit einer Geldbuße von bis zu EUR 15 Mio. bzw. 15 % des konsolidierten Konzernumsatzes sanktioniert werden. Verstöße, die einen Straftatbestand darstellen, können mit Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren, in Sonderkonstellationen sogar von bis zu 10 Jahren geahndet werden.

Die neuen Emittentenpflichten betreffen vor allem die Veröffentlichung von Adhoc-Miteilungen, die Führung von Insiderlisten sowie die Meldung der Eigengeschäfte von Führungskräften. Derartige gesetzliche Verpflichtungen galten zuvor nicht im Freiverkehr, obwohl die (privatrechtlichen) Regelwerke der Börsen für die sogenannten Qualitätssegmente (wie bspw. den Entry Standard an der Frankfurter Wertpapierbörse) bereits eine sogenannte Quasi-Adhoc-Pflicht vorsahen.

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Die Pflichten in Bezug auf Adhoc-Publizität, Managers‘ Transactions sowie Insiderlisten gelten zunächst im Freiverkehr, sofern der jeweilige Anleiheemittent die Einbeziehung selbst (mit)beantragt oder genehmigt hat („approved trading or requested admission).

Das bedeutet, dass die Anleiheemittenten aus einem Qualitätssegment, wie bspw. dem Entry Standard in Frankfurt, als MTF-Emittenten gelten, da sie Mitantragsteller sind. Für eine „Genehmigung“ der Einbeziehung im Freiverkehr muss ein Anleiheemittent laut Gesetzesbegründung zum 1. FiMaNoG hingegen aktiv an der Notierung beteiligt gewesen sein, so dass er im Rahmen des Notierungsvorgangs die Geltung entsprechender Folgepflichten akzeptiert hat. Allerdings stellte die BaFin  in den jüngsten FAQs zur Adhoc-Publizität klar, dass es dabei unerheblich ist, ob der Emittent den aktuellen Folgepflichten der MAR zustimmen wollte oder nicht.

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