AIFM lässt grüßen: Unternehmensanleihen, Mezzaninefinanzierung & Co.

Henrik Riedel

Von Dr. Anne de Boer, Hendrik Riedel, Dr. Oliver Glück,  jeweils Partner, GSK Stockmann + Kollegen

Anleihen sind ein einfaches und praktisches Finanzierungsvehikel: Sie sind leicht zu strukturieren, technisch einfach zu emittieren und sehr flexibel einsetzbar. Anleihen können dabei auch eingesetzt werden, um eine Mezzaninefinanzierung aufzunehmen. Allerdings sollten dann einige Punkte bei der Ausgestaltung beachtet werden.

Eigenkapitalähnliche Finanzierung über Anleihen
Anleihen können auch eigenkapitalähnlich ausgestaltet werden. Dabei werden die Anleihen an den Anforderungen von Ratingagenturen, des HGB oder IFRS oder des Steuerrechts ausgerichtet. Klassisch ist es hier, die Anleihe so auszugestalten, dass sie nach HGB Eigenkapitalcharakter und nach Steuerrecht Fremdkapitalcharakter haben. Dafür sind im Wesentlichen folgende Kriterien zu beachten:

Kriterium entscheidend für Eigenkapitalin Handelsbilanz – HGB entscheidend für Eigenkapitalin Steuerbilanz
Nachrangigkeit ja nein
Erfolgsabhängigkeit derVergütung ja ja
Teilnahme am Verlust (biszur vollen Höhe) ja nein
Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung ja nein
Recht auf Beteiligung amLiquidationserlös nein ja

 

Ungeachtet der zuvor genannten formalen Kriterien können die Erlöse einer Anleihe wirtschaftlich Mezzaninekapital sein: Dies ist der Fall, wenn neben dem Anleihekapital z.B. eine Bankenfinanzierung aufgenommen wird, für die Sicherheiten gestellt wird, und die unbesicherten Anleihemittel damit wirtschaftlich nachrangig werden. Noch offensichtlicher ist der wirtschaftlich nachrangige Charakter, wenn Anleiheerlöse durch einen Emittenten den Tochtergesellschaften als Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden.

Anleihen & AIFM
Sofern Anleihen eigenkapitalähnlich ausgestaltet werden, sind auch die neuen Regelungen für Verwalter von sogenannten Alternativen Investment Fonds („AIF“), die im Kapitalanlagegesetzbuch („KAGB“) enthalten sind, zu beachten. AIF verwalten darf nur derjenige, der eine entsprechende Erlaubnis der BaFin besitzt; die Fondsverwaltung ohne entsprechende Erlaubnis ist seit 22.7.2013 strafbar.

Die neuen Regelungen des KAGB sind zu beachten, wenn es sich bei dem eigenkapital(ähnlichen) Instrument um ein Investmentvermögen i.S.d. KAGB handelt und zwar wenn die Anleihe nach der gesetzlichen Definition des § 1 Abs. 1 KAGB
–       einen Organismus für die gemeinsame Kapitalanlage darstellt,
–       an dem sich mehrere Anleger beteiligen können,
–       von denen auf Basis einer vorab festgelegten Anlagestrategie zum Nutzen der Anleger Geld eingesammelt wird und
–       es sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung bei dem Emittenten nicht um ein operativ tätiges Vehikel außerhalb des Finanzsektors handelt.

So können z.B. Mezzanineprodukte, die neben einer Gewinnbeteiligung auch eine Verlustbeteiligung für die Anleger vorsehen, grundsätzlich unter die Regelungen des KAGB fallen,  unabhängig von der Rechtsform des Emittenten oder des Finanzierungsinstruments. Die AIFM-Regelungen sind jedoch nur von Bedeutung, wenn alle der vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind. Bei Anleihen sind insbesondere die folgenden Aspekte relevant, ob die Regelungen des KAGB anzuwenden sind:

Festzins
Die Fonds-Regelungen wären dann nicht relevant, wenn ein Festzins gewährt wird; bei einem schuldrechtlich vereinbarten, unbedingten Kapitalrückzahlungsanspruch fehlt es am Kriterium “für gemeinsame Anlagen“. Dies gilt nach der BaFin[1] auch, wenn ein qualifizierter Rangrücktritt vereinbart ist und der Anleger daher im Insolvenzfall eine eigenkapitalgeberähnliche Stellung einnimmt.

Operativer Geschäftsbetrieb / Anlagestrategie zum Nutzen der Anleger
Schließlich kommt – unabhängig vom Vorliegen eines der vorgenannten Kriterien – auch dann eine Fondsregulierung nicht in Betracht, wenn der Emittent über einen operativen Geschäftsbetrieb und zwar außerhalb des Finanzsektors verfügt. Ebenso sind die AIFM-Regelungen nicht anzuwenden, wenn der Emittent mit den eingeworbenen Mitteln lediglich eine eigene Unternehmensstrategie verfolgt und nicht den Nutzen der Anleger im Auge hat.  In der Praxis werden sich die Merkmale des operativen Geschäftsbetriebs und der fehlenden Anlagestrategie überschneiden.

Wann ein operativer Geschäftsbetrieb oder dagegen eine Anlagestrategie zum Nutzen der Anleger vorliegt, ist jeweils unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden; eine trennscharfe, fixierte Verwaltungspraxis der BaFin zu den verschiedenen denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten besteht noch nicht: So liegt z.B. im Bereich von Immobilieninvestments kein operatives Unternehmen vor, wenn der Emittent nur Immobilien im Bestand hält, Projektentwicklungen erfüllen dagegen die Kriterien des operativen Geschäftsbetriebs. Die Abgrenzung hängt vom Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit ab.

Ebenfalls kann es an einem operativen Geschäftsbetrieb fehlen, wenn der Emittent umfangreich die operativen Tätigkeiten auslagert, d.h. die unternehmerische Entscheidungen nicht mehr selbst trifft. Ebenso liegt keine Emission eines operativen Unternehmens vor, wenn die Anleihegelder in einer vorgeschalteten Gesellschaft im Sinne einer „Kapitalsammelstelle“ gesammelt werden, vorbehaltlich der Ausnahmen zur Holding-Gesellschaft, auch wenn sie später in ein operatives Unternehmen investiert werden.

Wandelschuldverschreibung
Bei Wandelschuldverschreibungen können die KAGB Regelungen Bedeutung erlangen, wenn die Möglichkeit zur Wandlung der (festverzinslichen) Anleihe in Gesellschaftsanteile besteht und im Zeitpunkt der Wandlung das Unternehmen ein Bestandshalter ist, der nicht über einen operativen Geschäftsbetrieb verfügt.

Fazit
Die Anleihe ist ein sehr flexibles und recht einfaches Instrument, das neben der reinen Fremdfinanzierung auch zur Mezzaninefinanzierung eingesetzt werden kann. Allerdings muss bei Mezzaninestrukturen auf die Anforderungen z.B. des Steuerrechts und Bilanzrechts und auch der neuen Fondsregulierungen geachtet werden. Die Aufsichtsregeln des KAGB bieten insoweit mehrere denkbare Anhaltspunkte dafür, dass kein zu regulierendes Fondsvehikel vorliegt. Sofern die Regelungen des KAGB vermieden werden sollen, ist bei der Gestaltung von Anleihestrukturen zu empfehlen, mehrere der vorgenannten Fondskriterien nicht zu erfüllen.

[1]
Auslegungsschreibens der BaFin zum Fondsbegriff („Investmentvermögen“) vom 14. Juni 2013 (abrufbar unter www.bafin.de)