„Unsere Vision ist es, der erfolgreichste familiengeführte Modefilialist in Deutschland zu werden“

Das traditionsreiche Familienunternehmen Rudolf Wöhrl AG begibt eine Anleihe im Volumen von bis zu 30 Mio. EUR zur Unterstützung seiner Wachstumsstrategie. Das deutsche Modehaus betreibt 38 Standorte und erzielte 2011 mit rund 2.400 Mitarbeitern einen Umsatz von 346 Mio. EUR. Die Anleihe ist mit einem Zinssatz von 6,5% und einer Laufzeit von fünf Jahren ausgestattet, das von Euler Hermes durchgeführte Rating liegt bei BB. Im Interview spricht Gründer-Enkel Olivier Wöhrl, seit Januar 2012 Vorstandsvorsitzender des Familienunternehmens, über die geplante Anleihe, die Geschäftsentwicklung und seine Wachstumsstrategie.


Interview mit Olivier Wöhrl, Vorstandsvorsitzender, Rudolf Wöhrl AG

BondGuide:
Herr Wöhrl, die Zeichnungsfrist Ihrer Anleihe läuft vom 4. Februar an, die Handelsaufnahme im Entry Standard für Unternehmensanleihen ist für den 12. Februar geplant. Welche Ziele verfolgen Sie mit dieser Emission?
Wöhrl: Wir wollen den Emissionserlös hauptsächlich für den Erwerb und die Modernisierung von Modehäusern und zur Finanzierung des organischen Wachstums verwenden. Eine wesentliche Rolle dabei spielt die Übernahme der SinnLeffers GmbH. Aber auch die Eröffnung neuer Modehäuser steht auf dem Investitionsplan. Etwa ein Drittel soll auch zur Optimierung der Finanzierungsstruktur verwendet werden.

BondGuide: Wie sehen Ihre Pläne für eine mögliche Refinanzierung aus?
Wöhrl: Durch unsere Wachstumspläne und das Heben von Synergien mit SinnLeffers gehen wir davon aus, dass wir die Profitabilität unseres Geschäfts maßgeblich steigern können. Dies wird sich auch in einer weiteren Stärkung unserer Finanzlage widerspiegeln, so dass wir planen, einen Teil der Anleihe ganz einfach aus dem Cash-Bestand zurückzahlen zu können.

BondGuide: Warum haben Sie sich für das Finanzierungsinstrument Anleihe entschieden?
Wöhrl: Bisher haben wir bei der Finanzierung auf die klassische Bankenfinanzierung und Gesellschafter-Darlehen gesetzt. Aufgrund unserer Wachstumsstrategie möchten wir unsere Finanzierung nun auf mehrere Säulen verteilen und haben nach einer sinnvollen Alternative gesucht. Private Equity oder ein Börsengang wären für uns nicht geeignet, da wir Wöhrl zu 100% in Familienbesitz halten möchten. Die Anleihe ist für uns genau das richtige Instrument, da es uns die geeignete Flexibilität bietet.


BondGuide: Welche Motive stehen hinter der Übernahme von SinnLeffers?
Wöhrl:
SinnLeffers verfolgt eine ähnliche Strategie wie Wöhrl im Textileinzelhandel, das Unternehmen ist wie wir auf das Qualitätssegment spezialisiert und bietet eine sehr hohe Beratungskompetenz. Sinn und Leffers waren ursprünglich Familienunternehmen, die in den Strukturen des KarstadtQuelle-Konzerns eine harte Zeit durchlaufen mussten und zuletzt von der Beteiligungsgesellschaft Deutsche Industrie-Holding (DIH) wieder nach vorne gebracht wurden. Heute erzielt SinnLeffers mit 2.000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 300 Mio. EUR. Wir stehen bereits seit Jahren in einem persönlichen Austausch. Geografisch ergänzen wir uns ausgezeichnet: Während Wöhrl mit 38 Häusern im Süden und Osten Deutschlands präsent ist, liegen die Schwerpunkte der 22 Modehäuser von SinnLeffers in NRW. Die unterschiedlichen Markennamen sind gut eingeführt und bleiben natürlich erhalten. Der Werthebel liegt in zahlreichen Synergien, vom Einkauf bis zum Marketing. Durch die Übernahme verdoppeln wir nahezu unseren Jahresumsatz und die Zahl unserer Mitarbeiter.

BondGuide: Wie sieht denn ihre aktuelle Geschäftsentwicklung aus?
Wöhrl:
Wir haben es geschafft, uns in einem insgesamt schwierigen Marktumfeld zu behaupten und sogar besser zu entwickeln als der Wettbewerb. Zwar haben sich unsere Nettoumsatzerlöse in den neun Monaten unseres laufenden Geschäftsjahres bis 31. Dezember 2012 leicht verringert – um 2% auf 204,7 Mio. EUR. Aber es ist uns gelungen, gleichzeitig das EBIT um 50% auf 6,0 Mio. EUR zu steigern. Vor allem das letzte Quartal hat sich besser als im Vorjahr entwickelt, was auch aus Optimierungen der Sortimentsgestaltung resultiert. 2013 wird ein spannendes Jahr, im Vordergrund stehen die Integration von SinnLeffers und unser 80jähriges Firmenjubiläum.


BondGuide: Welche Zukunftsvision verfolgen Sie?
Wöhrl:
Wir wollen weiter wachsen und gleichzeitig unsere Ertragsqualität steigern. Unsere Vision ist es, der erfolgreichste familiengeführte Modefilialist in Deutschland zu werden. Dabei zählen wir auf die Unterstützung unserer treuen Kundschaft, hoch motivierten Mitarbeiter und der Anleger, die unsere Unternehmensanleihe zeichnen. Die Übernahme von SinnLeffers ist ein entscheidender Schritt in diese Richtung. Wir werden auch künftig offen für weitere Schritte sein, bei Unternehmen, die ähnlich aufgestellt sind wie wir, um unsere Präsenz in Deutschland auszubauen.


BondGuide: Herr Wöhrl, vielen Dank für das Gespräch!


Das Interview für BondGuide führte Markus Hofelich. Sie finden es mit teilweise anderen Frageschwerpunkten auch in der Unternehmeredition 1/2013 „Herausforderung Unternehmensnachfolge“ (ET: Ende Februar). Kontakt: markus.hofelich@unternehmeredition.de

Anleiheübersicht – Rudolf Wöhrl AG

WKN

A1R 0YA

Erstnotiz

vsl. 12. Februar

Zeichnungsfrist

vsl. 4. bis 8 Februar

Ausgabepreis

100%

Kupon

6,5% p.a.

Stückelung

1.000 EUR

Laufzeit

5 Jahre

Marktsegment

Entry Standard für Anleihen

Emissionsvolumen

bis zu 30 Mio. EUR

Rating/Anleihe

BB (Euler Hermes) – Unternehmensrating

Banken/Sales

Viscardi

Financial Advisor

n. bek.

Internet

www.woehrl.de


G
eschäfts- und Kennzahlen – Rudolf Wöhrl AG

 

Gj. 2011

Gj. 2012e

Gj. 2013e

Umsatz 1)

271

267

575

EBIT 1)

7,4

11,0

20,0

Jahresergebnis 1)

2,8

4,0

10,0

1) in Mio. EUR; Gj.ende 31. März; ab Gj. 2013 mit SinnLeffers
Quelle: Unternehmensangaben und BondGuide Research

Bewertung
Rudolf Wöhrl AG

Wachstumsstrategie/Mittelverwendung:

****

Peergroup-Vergleich:

**

Kennzahlen (Zinsdeckung, Gearing o.Ä.):

***

IR/Bond-IR:

**

Covenants:

***

Liquidität im Handel(e)

**(*)

Fazit by BondGuide

*** (interessant – Chancen/Risiken ausgeglichen)

Skala von * (mangelhaft) bis ***** (ausgezeichnet)

Fazit
Wachstumsstrategie und Mittelverwendung sind schlüssig. In der Peergroup notierter Mittelstandsanleihen kommt die Wöhrl-Anleihe dagegen nicht überzeugend genug weg, denn gerade im Bereich Mode gibt es inzwischen mit Unternehmen von Golfino über eterna bis hin zu René Lezard eine umfangreiche Vergleichsgruppe (auf www.bondguide.de/index.php?id=45 können Sie die Mastertabelle nach allen Kriterien frei sortieren): Der Kupon von 6,5% ordnet sich am unteren Ende des Spektrums ein; die erwartete Liquidität im Handel ebenso, und das auch nur im Falle einer Vollplatzierung, die alles andere als sicher scheint. Summa summarum ein ausgeglichenes Chance-/Risiko-Verhältnis.

Falko Bozicevic