„Mittelstandsanleihen sind bereits eine feste Finanzierungsoption geworden“

Der Markt für Mittelstandsanleihen hat sich mittlerweile zu einer festen Größe am deutschen Kapitalmarkt entwickelt. Im Gespräch mit dem GoingPublic Magazin erklärt der Vorstandsvorsitzende von equinet Lutz Weiler, warum Mittelstandsanleihen für die Fremdkapitalkomponente ein veritables Instrument sei und warum eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital empfehlenswert ist.

GoingPublic: Herr Weiler, welche Finanzierungsoptionen hat der deutsche Mittelstand derzeit eigentlich?
Weiler:
Tatsächlich hat sich in den letzten ungefähr 12 bis 18 Monaten in dieser Beziehung nicht alles zum Vorteil weiterentwickelt. Es gibt immer weniger Banken, die bereit sind, Finanzierungen zu übernehmen. Auch verändert sich die Bankenlandschaft in Deutschland wie z.B. durch den Wegfall  der WestLB. Sparkassen und Volksbanken sind natürlich nach wie vor präsent und aufgrund ihrer Regionalität bis zu gewissen Größenordnungen interessante Finanzierungspartner.

GoingPublic: Sind denn Zukäufe aktuell überhaupt ein Thema?
Weiler: Die Stimmungslage ist durchaus gut. Kriegskassen sind ebenfalls vorhanden.  Da auch faire Unternehmenswerte bezahlt werden, sind sowohl Strategen als auch Finanzinvestoren als potentielle Käufer präsent.

GoingPublic: Und in Bezug auf Branchen?
Weiler: Das geht wirklich querbeet. Es sticht keine Branche besonders hervor. Das betrifft sowohl die Kauf- wie auch die Verkaufsseite.

GoingPublic: Können auch die sogenannten Mittelstandsanleihen zur Finanzierung von Akquisitionen herhalten oder schätzen Sie diese Verwendung als zu riskant ein?
Weiler: Das lässt sich jeweils nur für den Einzelfall beurteilen. Eine Akquisition rein auf Fremdkapitalbasis ist denkbar, wobei sicherlich auf die Eigenmittelsituation der Unternehmung nach Akquisition und Anleihebegebung geachtet werden muss. Aber möchte man das auch? Man muss immer damit rechnen, dass nicht alles so kommt wie bei Akquisition prognostiziert. Eine Mischung aus Fremd- und Eigenkapital wäre daher sicherlich  ratsamer. Für die Fremdkapitalkomponente ist die Mittelstandsanleihe ein veritables Instrument.

GoingPublic: Man kann sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass viele Emittenten unausgesprochen voraussetzen, zum Ende der Laufzeit ihrer Anleihe jederzeit eine Folgeanleihe zur Tilgung herbeiführen zu können – ist das nicht zu blauäugig?
Weiler: Das ist eine Tendenz, die man auch schon bei den Mezzanine-Programmen, PREPs, beobachten konnte getreu dem Motto: „Das Geld habe ich jetzt erst einmal“. Wir raten den Emittenten stets, davon auszugehen, dass im schlimmsten Falle keine Anschlussfinanzierung durch eine Anleihe möglich sein wird. Damit muss ein Emittent einfach rechnen. Hier gilt schon bei der Emission sich die Gedanken zu machen: „Was wäre wenn…“.

GoingPublic: Wären denn nicht Börsengänge das eigentliche Mittel der Wahl, um Akquisitionen zu stemmen? – in den USA ist das einer der Hauptgründe für IPOs.
Weiler: Schon von Hause aus muss ich dazu ja sagen… selbstverständlich empfehlen wir den für einen Börsengang geeigneten Unternehmen, sich über das Thema Gedanken zu machen! Aufgrund der aktuellen Marktverfassung stößt das Thema verständlicherweise nicht immer auf offene Ohren. Die Probleme der Eurozone und die Unsicherheiten in Bezug auf die weitere Entwicklung, die fester Bestandteil der täglichen Nachrichten geworden sind, haben zu einer restriktiven Haltung – Sie können es Abstinenz oder gern auch Lethargie nennen – der  Investoren gegenüber neuen Börsenkandidaten geführt. Das Neuemmissionsgeschäft  ist in letzter Zeit fast schon eine brotlose Kunst geworden. Gleichwohl gehen wir davon aus, dass mit die beiden größeren erfolgreichen Börsengänge des letzten Herbstes Talanx und Telefónica für 2013 eine gewisse Türöffnung auslösen. Potentielle Kandidaten dafür sollte es genügend geben nach den Jahren der Abstinenz.

GoingPublic: Herr Weiler, vielen Dank für die gewohnt offenen Worte.

Das Interview führte Falko Bozicevic.

Ursprünglich erschienen im Special "Anleihen 2013" des GoingPublic Magazins.