„In jedem funktionierenden Markt sollte der Preis Ausgleichsventil für Angebot und Nachfrage sein“

Im Interview mit dem GoingPublic Magazin erläutert Dr. Dieter Kaiser, Geschäftsführer von Robus Capital Management, welchen Investmentansatz der auf Fremdkapital von deutschen Mittelständlern fokussierte Credit Asset Manager verfolgt. Die Investment Professionals von Robus sind seit mehr als zehn Jahren im Bereich hochverzinslichen Fremdkapitals in Europa tätig – Robus schreckt dabei nach eigenen Angaben auch „vor komplexen Situationen“ nicht zurück.

Interview mit Dr. Dieter Kaiser, Managing Director, Robus Capital Management

GoingPublic: Herr Kaiser, Robus betont einen holistischen Ansatz bei der Analyse? Was ist das Besondere daran?
Kaiser: Im Vergleich zu vielen anderen Investmentfonds verstecken wir uns nicht hinter über 100 Positionen im Portfolio, sondern investieren nur in die 30 bis 40 besten Investmentideen. Da wir aber trotzdem im hochverzinslichen Bereich investieren, bedeutet dies natürlich auch, dass wir eine sehr tiefe und umfassende Analyse der einzelnen Emittenten und Instrumente vor einem Investment tätigen müssen und auch anschließend die Firmen sehr eng beobachten. Hierbei verlassen wir uns nicht auf Rating-Agenturen, sondern erstellen unsere eigene Unternehmensbewertung. Neben einer umfangreichen Analyse der Finanzen der Firma stellen für uns auch das genaue Studium der Kapital- und Gesellschaftsstruktur und vor allem der rechtlichen Aspekte wie Rang und Besicherung sowie umfangreiche Gespräche mit dem Management der Firmen wesentliche Eckpfeiler unserer Analyse dar. Schlussendlich fließen weitere Gespräche mit Konkurrenten, ehemaligen Mitarbeitern der Emittenten und wenn relevant Regulierungsbehörden in unsere Finanzmodelle mit ein.

GoingPublic: Was fällt bei Ihnen alles unter „komplexe Situationen”, unter welchen Bedingungen engagieren Sie sich noch dort, wo andere Investoren eventuell abwinken?
Kaiser: Wir nehmen uns sehr viel Zeit Emittenten, ihre Kernkompetenzen, Wettbewerbsstärken und Marktnischen zu verstehen. Genauso nehmen wir uns sehr viel Zeit die strukturellen Aspekte zu verstehen wie zum Beispiel, ob unser Instrument in der „richtigen Box“ sitzt in der Struktur oder ob es gegebenenfalls effektiv nachrangig ist gegenüber anderem Fremdkapital in Bezug auf Laufzeit, Besicherung oder Rang. Bezüglich Komplexität: Sie werden bei uns kaum Markenartikler im Portfolio finden, obwohl sich deren Anleihen größter Beliebtheit zu erfreuen scheinen. Wenn wir unsere Investitionsmeinung hinsichtlich eines Emittenten getroffen haben, sind wir dann auch treue Begleiter dieser Unternehmen, d.h. auch in solchen Situationen, in denen die Anleihen im Sekundärmarkt unter Druck geraten. Natürlich sind wir auch flexibel genug, unsere Entscheidungen zu revidieren, sollte uns die Geschäftsentwicklung hierfür Ansatzpunkte liefern.

GoingPublic: In der Unternehmensfinanzierung etablieren sich ohnehin zunehmend alternative Formen  neben dem klassischen Bankkredit.
Kaiser: In unserem Bereich ist es aufgrund der Rahmenbedingungen in Deutschland sehr schwer an die Renaissance der Banken zu glauben. Wir sehen weiterhin eine Verschiebung weg von Banken beziehungsweise bilateralen, meist eher kurzfristigen Kreditfinanzierungen hin zu institutionellen Investoren und multilateralen Instrumenten mit mittel- bis langfristiger Laufzeit. Was wir aber beobachten konnten, waren Rekordjahre bei der Neuemission von alternativen Finanzierungsformen wie Anleihen oder Schuldscheindarlehen. Wenn wir mit emissionsbegleitenden Banken sprechen, sehen wir für 2013 sehr volle Pipelines.

GoingPublic: Bei den so genannten Mittelstandsanleihen sind die ersten Ausfälle zu verzeichnen – wie bewerten Sie generell die Qualität der gelisteten Unternehmen?
Kaiser: Aus unserer Sicht spielen die Banken bei fast allen Mittelstandsanleihen eine Rolle, entweder weil sie keine Darlehen mehr gewähren oder aber weil die Unternehmen aufgrund der während der Finanzkrise getätigten Erfahrungen mit Banken eben solche nicht mehr als verlässliche Fremdkapitalgeber einstufen. Es handelt sich aber bei dem Markt für höherverzinsliche Anleihen von mittelgroßen Firmen in Deutschland um ein sehr neues Segment und deshalb sollte es nicht überraschen, dass dieser Markt noch sehr ineffizient ist. Das drückt sich natürlich darin aus, dass die Unternehmensqualität sehr heterogen ist, gleichzeitig aber die Ratings sowie die Kupons der Anleihen ein homogenes Bild suggerieren. Wir sehen allerdings auch eine fortschreitende Institutionalisierung in diesem Markt und mit der zunehmenden Partizipation von erfahrenen größeren Investoren werden auch mehr Effizienz und Transparenz einziehen und risikoadäquatere Preise.

GoingPublic: Würden Sie auch bei Anleiheemissionen ein Bookbuilding-Verfahren bevorzugen, wie es sich bei IPOs durchgesetzt hat?
Kaiser: Das wäre definitiv sehr zu begrüßen. Ein Bookbuilding könnte dafür sorgen, dass mehr Anleihen voll platziert werden können und dadurch im Sekundärmarkt weniger unter Druck geraten. Die Praxis einiger Emittenten, nach einer bereits schlecht gelaufenen Emission weiterhin Anleihen über die Börse in den Markt zu drücken und damit Druck auf die Sekundärmarktpreise auszuüben, verurteilen wir auch zutiefst. In jedem funktionierenden Markt sollte der Preis das Ausgleichsventil für Angebot und Nachfrage sein.

GoingPublic: Welche Vorteile hat aus Ihrer Investorensicht ein primäres Investment, wann bevorzugen Sie den Sekundärmarkt?
Kaiser: Die Entscheidung zwischen dem Zeichnen einer Anleihe im Primärmarkt oder dem Einstieg über den Sekundärmarkt basiert im Wesentlichen auf den Faktoren Zeit und Risiko-Rendite-Verhältnis. Häufig reicht die Zeit, die uns im Rahmen einer Neuemission gewährt wird nicht aus, unseren Analyseprozess zu Ende zu führen.  Gleichzeitig verfügen wir über ein ausgeprägtes Risiko-Rendite-Denken, d.h. die Anleihen, Darlehen oder Schuldscheindarlehen, in die wir investieren, werden nur dann in die Fonds gekauft, wenn das Risiko der Firma adäquat verzinst wird. Bei vielen der Mittelstandsanleihen stimmt aus unserer Sicht zum Emissionszeitpunkt das Risiko-Rendite-Verhältnis nicht. Über den Sekundärmarkt können wir dann ja quasi die Laufzeitrendite erzielen, die wir für angemessen halten. Gesetzt dem Falle, dass die Anleihen unter dem Nominalwert handeln. Sollte dies bei einer Anleihe nie der Fall sein und war das Risiko-Rendite-Verhältnis zum Zeitpunkt der Emission nicht attraktiv genug, dann ist dies auch kein potenzielles Investment für Robus.

GoingPublic: Herr Kaiser, vielen Dank für das interessante Interview.

Das Interview führte Stefan Preuß.


Quelle: Robus Capital Management

Das geführte Interview ist Bestandteil des Specials „Anleihen 2013“ (3. Jg.) des GoingPublic Magazins, das am 23. Februar erschien.