„Ein Mittelstandsanleihen-Fonds muss die Liquidität in den Griff bekommen“

Wie können Institutionelle und Private zielgerichtet, aber diversifiziert in Mittelstandsanleihen investieren? Der Fonds des Frankfurter Asset Management-Spezialisten war als erstes am Markt und ist bis heute ohnehin fast allein auf weiter Flur geblieben. Das GoingPublic Magazin sprach mit Johannes Führ und Allan Valentiner über die Konstruktion und Zielsetzungen.

Interview mit Allan Valentiner und Johannes Führ, Joh. Führ Asset Management

GoingPublic: Herr Führ, Herr Valentiner, wie interessant sind heute Unternehmensanleihen aus Investorensicht?
Valentiner: Gerade die jüngste Staatsanleihenkrise hat uns bestärkt in der Meinung, dass Unternehmensanleihen derzeit eine sehr interessante Option für Anleger sind. Staatsanleihen hielten zuletzt mehrfach äußerst negative Überraschungen bereit. Die Transparenz bei qualitativ hochwertigen Unternehmen ist viel besser.

GoingPublic: Überall?
Führ: Das nun nicht. Finanz- und Versicherungstitel kommen für uns nicht in Frage. Diese Branchen besitzen zu viele Möglichkeiten, ihre Bilanzen recht kreativ auszuweiten.

GoingPublic: Ist das mit den deutschen Mittelstandsanleihen ein kurzer Trend, vielleicht gar Hype?
Valentiner: Das glaube ich nicht. Wir beobachten bei Unternehmensanleihen eine Art Dreiteilung im Markt. Da sind die klassischen Unternehmensanleihen großer Konzerne; dann die mittelständischen Unternehmen, die ihre Finanzierung mit Hilfe einer Anleihe diversifizieren und sich unabhängiger von ihren Hausbanken machen möchten; und schließlich diejenigen, die nur die Gunst dieser Möglichkeiten ausnutzen wollen. Die sind für uns reine „Junk-Emissionen“.

GoingPublic: Wie gehen Sie vor, wenn Sie ein Unternehmen interessiert, oder umgekehrt, ein Unternehmen sich bei Ihnen präsentiert?
Führ: Wenn wir mit einem Unternehmen sprechen, stellen wir die folgenden vier Fragen, auf die wir überzeugende Antworten erwarten: 1. Wem gehört das Unternehmen – vielleicht so wie Heraeus, wo die Familie seit 150 Jahren die Geschicke leitet? 2. Wie steht es mit dem Cashflow? 3. Wie ist das Verhältnis Fremd- zu Eigenkapital? 4. Wozu benötigen Sie frische Finanzmittel? Die Fragen sind wirklich nicht kompliziert und wir möchten einfache, unkomplizierte Antworten.

GoingPublic: Die dürften von Zeit zu Zeit ziemlich differieren.
Führ: Und ob! Manchmal gibt es schöne Präsentationen und noch mehr Papier. Dann komme ich zur ersten Frage, und dem Unternehmen fällt es schon schwer, die Eigentümerstruktur zu erläutern. Oder sie haben ein Vielfaches an Fremdkapital im Verhältnis zum Eigenkapital drin: genaue Erklärung der Ratios, Alphas und Gammas in der Präsentation auf Seite 58 oder noch mathematischer auf Seite 60. Das ist nichts für uns, und wir bedanken uns artig.

GoingPublic: Deshalb dann auch keine Anleihen von beispielsweise Banken?
Führ: Keine. Die sind einfach zu undurchsichtig. Sie können mir glauben, dass wir auch versucht haben, Präsentationen von Finanztiteln zu folgen. Mit etwas Glück kann gerade mal eine unserer vier Standardfragen befriedigend beantwortet werden. Da müssen wir passen.

GoingPublic: Wie bewerten Sie speziell die Mittelstandssegmente und ihre Inhalte?
Valentiner: Dazu gibt es eine interessante Vorgeschichte. Vor gut drei Jahren wurden wir von einem der heute aktivsten Begleiter von Mittelstandsanleihen gefragt, ob wir als Asset-Management-Unternehmen uns für Anleihen von Unternehmen aus dem Bereich MDAX, SDAX oder gegebenenfalls darunter interessieren würden. Das Problem ist aber nicht, dass die nicht interessant wären, sondern die Liquidität von Anleihen dieser Größenordnung. Wir mussten klar sagen, dass dies für uns nicht in Frage kommt.

GoingPublic: Aber dann haben Sie doch noch eine gemeinsame Schiene gefunden?
Valentiner: Als wir nochmals nachdachten, kam uns die Lösung. Man müsste dies über einen Fonds bewerkstelligen, der neben solchen „Mittelstandspapieren“ auch größere, liquidere Unternehmensanleihen beimischen dürfte. Wenn Anleger Auszahlungen wünschen, muss man nicht seine wenig liquiden Titel verkaufen, sondern reduziert einfach die liquideren. So kam es zu unserem Fonds für Mittelstandsanleihen.

GoingPublic: Also große liquide, teils europäische Corporate Bonds gemischt mit kleineren mittelständischen deutschen?
Valentiner: Auf diese Weise können wir unbesorgt auch kleinvolumige Anleihen wie aus dem Bondm im Portfolio halten, gemischt mit großvolumigen wie etwa Haniel. Das Nachhaltigkeitsthema Familienbesitz, eigentümergeführt, kein Private Equity etc. soll nach wie vor berücksichtigt sein. So ist auch eine BMW-Anleihe möglich. Haben wir Rückflüsse zu verzeichnen, können wir zum Beispiel BMW verkaufen und müssen nicht eine Valensina-Anleihe abgeben.

GoingPublic: Was sagt die Aufsicht dazu? Immerhin dürfen Sie als Fonds sicher nicht in so kleinteilige Anleihen investieren, dass es Privatplatzierungen gleicht.
Valentiner: Das ist ein wichtiger Punkt. Normalerweise muss das Emissionsvolumen der Anleihe mindestens 50 Mio. EUR betragen. So kam es auch zu der heutigen Ausgestaltung der Mittelstandsanleihen, dass sie ein Rating mitbringen müssen, welches von der BaFin akzeptiert wird. Aber nicht nur für die BaFin, auch für unsere Kapitalanlagegesellschaft – in dem Fall AmpegaGerling/Talanx – müssen die Ratings akzeptabel sein. Unsere Kunden, größtenteils Institutionelle, waren an einem solchen Fonds absolut interessiert, haben aber ihrerseits gefordert, dass die Fondskonstruktion kompatibel mit dem Fonds-Aufsichtsgesetz sein müsste. So haben wir jetzt eine I- und eine P-Tranche, wobei zwei Drittel der Anlagegelder in der I-Tranche für Institutionelle und ein Drittel in der für Private stecken.

GoingPublic: Gibt es nicht ein Problem mit den diversen Anleihen ohne Rating wie Dürr oder dergleichen?
Valentiner: Ja, in der Tat. Wir dürfen bis zu 20% nicht geratete Anleihen beimischen. Aber wir tun das nur ungern, weil unsere institutionellen Investoren dabei immer genau ihre VAG-Auflagen im Hinterkopf haben. Unter B- gehen dürfen wir zudem nicht. Ohne die von der BaFin anerkannten Ratingagenturen Euler-Hermes und Creditreform wären diese neuen Anlagemöglichkeiten für institutionelle Adressen gar nicht möglich geworden. Für den Privatanleger derweil bedeutet das Rating gar nichts – seine Hausaufgaben muss er ohnehin machen.
Führ: Es hat uns geholfen, dass die Stuttgarter Börse, die ja federführend als erstes mit einem eigenen Segment am Markt war, gleich relativ hohe Standards gesetzt hat. So sind wir dann auch parallel im Oktober 2010 mit unserer Fondslösung gestartet. Eigentlich hätte ich erwartet, dass schnell diverse andere Anbieter nachziehen, aber mit Beginn der Staatsschuldenkrise im ersten Halbjahr 2011 kam nichts mehr nach.

GoingPublic: Mit 1 Mio. EUR Anlage dürften Sie aber den Kurs einer Anleihe zum Beispiel am Bondm reichlich beeinflussen.
Valentiner: Unsere Regel dafür lautet maximal 1% einer weniger liquiden Anleihe und bis zu 3% einer der liquideren. Bei einem Emissionsvolumen von beispielsweise 30 Mio. EUR also nur wenige hunderttausend Euro. Diese niedrige Quote von bis zu 1% ist auch nachvollziehbar: Über diese Unternehmen weiß man zunächst nur wenig, da sie keinen Track Record wie BMW oder Haniel mitbringen, so dass wir auf unsere eingangs erwähnten vier Fragen angewiesen sind.

GoingPublic: Der Kursverlauf des Fonds seit Auflage war aber auch durchaus volatil.
Valentiner: Das letzte Jahr hat gezeigt, wie stabil unsere Fondslösung im Vergleich zum direkten Investment in Mittelstandsanleihen war. Denn dort ist es häufig zu kräftigen marktbedingten Schwankungen gekommen.

GoingPublic: Herr Führ, Herr Valentiner, vielen Dank an Sie beide für die interessanten Einblicke.

Das Interview führte Falko Bozicevic.