Wenn an den Bondmärkten die Bären erwachen

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Die strukturellen Gründe für das Niedrigzinsumfeld der letzten Jahre sind hinlänglich bekannt. Globalisierung, demografischer Wandel, nachlassende Produktivität und ein gigantischer Schuldenberg haben den Gleichgewichtszinssatz unaufhörlich sinken lassen. Seit Jahrzehnten sind diese Kräfte nun schon am Werk und nichts deutet darauf hin, dass sie sich in Luft auflösen könnten. Für ein anhaltend stärkeres Wachstum müssten daher schon deutlich mehr Kredite ausgereicht werden. Aber der vor und nach der Finanzkrise angehäufte Schuldenberg dürfte dem einen Riegel vorschieben.

Einmal mehr wird deutlich, wie wichtig der feine Unterschied zwischen niedrig bleibenden und nicht steigenden Renditen ist. Denn auf lange Sicht werden strukturelle Kräfte, die einen schwachen Preisauftrieb begünstigen, die Renditen niedrig halten. Gegenwärtig aber treiben zyklische Faktoren, verbunden mit extrem niedrigen Ausgangsbewertungen, die Renditen nach oben. Vermutlich haben wir inzwischen jedoch den Punkt erreicht, an dem dieses Tauziehen in eine neue Phase eintritt, in der die Straffung der Geldpolitik unausweichlich und bereits weitgehend eingepreist ist und auch die Inflationserwartungen wieder steigen.

Bärenmarkt hin oder her: Mit einem steilen Renditeanstieg ausgehend von heutigen Niveaus ist kaum zu rechnen. Zyklische Kräfte dürften die Zinsen zwar anheizen. Starke strukturelle Faktoren werden ihren Anstieg aber im Zaum halten und verhindern, dass sie auf Vorkrisenniveaus zurückkehren. Mittlerweile nähern sich die Gleichgewichtsrenditen im zehnjährigen Spektrum der 3%-Marke. Damit sie diese jedoch übersteigen und Richtung 3,5% marschieren können, müsste sich die Lohninflation oder die Kreditvergabe schon spürbarer beschleunigen als zuletzt. Ein Anstieg gar auf 3,5 bis 4% in der Spätphase dieses Zyklus ist ohne einen weltweit starken Konjunkturaufschwung und einen Kurswechsel in der Fiskalpolitik nicht denkbar.

Egal wie man es nennt, aber keines dieser Szenarien ist der Vorbote einer bevorstehenden Katastrophe. Denn ein Bärenmarkt bei Anleihen ist nicht das Gleiche wie ein Bärenmarkt bei Aktien.

Abbildung 2 - Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen steigen