Rad ab

Falko Bozicevic, BondGuide

Auf dem 3. Corporate Bond Forum der DVFA diese Woche ging es unter anderem einmal mehr um eines unserer Lieblingsthemen: Ratings. Immerhin ist die Quasi-Irrelevanz von Ratings für Mittelstandsanleihen jetzt semioffiziell. Eine Folgefrage war es, die mehr irritierte.

Die Beteiligten auf der mittäglichen Paneldiskussion zum Thema „Die Rolle von Ratings“ waren sich rasch einig, dass es „gewisse Merkwürdigkeiten“ gibt, warum die überwiegende Mehrheit der Ratings bei Mittelstandsanleihen ihre Emissionsbewertung schon wenige Quartale nach ihrem Debüt konterkariert. Oft wurde das so wegerklärt, dass sich durch die Fremdkapitalaufnahme ja die Bilanz verschlechtere.

Also gut: Dann müssten ja Emittenten, die weit weniger als geplant mit ihrer Anleihe einsammeln, bei Folgeratings doch Upgrades erfahren? Offenbar doch nicht. Es passt vorn und hinten nicht. Rating als Marketing-Maßnahme also? Wenigstens ist eine Dämmerung dieser Erkenntnis jetzt schon mal in der Bereichsöffentlichkeit ausgesprochen.

Ich wiederhole hier nochmals eine Einschätzung, die ich nun wirklich nicht zum ersten Male zum Besten gebe: Ratings von BBB oder besser werden gut und gerne als Vertriebsunterstützung bei der Emission eingesetzt; mit allem darunter kann ein Emittent bereits nicht mehr haus(s)ieren und ist bemüht, schon ein BB oder gar B aus der Eigendarstellung heraus zu halten.

Sigfried Hofreiter, CEO von KTG Agrar, brachte es trefflich auf den Punkt: „Ein Rating ist so etwas wie ein viertes Rad am Auto – sicher nicht ausschlaggebend für Ihre Kaufentscheidung“. Einmal mehr kam der Privatanleger als unbedarft und naiv weg. Eine Bankenvertreterin zog aus der unbefriedigenden Situation die Konsequenz: „Wer soll denn dann den Privatanleger über eine Emission informieren?“

Nun, die Medien vielleicht?! Insbesondere darauf spezialisierte Publikationen. Ich sehe mir die Ratingdossiers durchaus von vorne bis hinten an. Immerhin steckt da viel Arbeit drin – ich schätze ein bis zwei Mann-Wochen –, die wir in der Kürze der Zeit unmöglich selbst leisten könnten. Diese Vorarbeit ist unendlich wertvoll. Das gleiche gilt übrigens für Research. Allein, die Schlussfolgerungen, die wir aus den Materialien ziehen, sind es doch, die den Unterschied machen (sollten).