Auf der falschen Fährte – Umschuldung vs. Expansion

Falko Bozicevic, BondGuide

Was wäre Ihnen als (potenziellem) Anleiheinvestor lieber: Wenn der Emittent die eingeworbenen Mittel zur Expansionsfinanzierung verwendet oder wenn er bestehende Verbindlichkeiten refinanziert?

Eine Glaubensfrage, und nicht wirklich neu. Die meisten Emittenten verfolgen eine Art Mischkalkulation. Oder zumindest scheint der Gebrauchsmix Expansion + Refinanzierung + allgemein oftmals das, was kreative Kommunikationsagenturen als eine Art kleinsten gemeinsamen Verkaufsnenner soufflieren. Jedenfalls bestachen zuletzt auffällig viele Emittenten mit diesem eingängigen Ohrwurm.

Scope machte sich die Arbeit, die Verwendungsarten der Emissionserlöse unserer Mittelstandsanleihen zu untersuchen und kommt ungefähr auf den Drittelmix: 41% beabsichtigten Investitionsvorhaben, 23% eine Refinanzierung, Rest Mischform. Refinanzierungen haben seit 2010 auf rund ein Drittel aber stark zugelegt.

So nützlich die Untersuchung ist, so oberflächlich sind einige ihrer Schlussfolgerungen. So sollen Um- bzw. Refinanzierungen tendenziell mit höheren Risiken für Investoren verbunden sein, da ja nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit des Emittenten investiert werde. Ich kann mir kaum etwas konservativeres vorstellen, als teure Verbindlichkeiten durch günstigere abzulösen und damit auf einen Schlag die Profitabilität zu erhöhen. Wenn ich bei Bank A einen Kredit zu 10% laufen habe, bekomme bei Bank B jedoch einen zu 7%, dann wäre es fast schon fahrlässig, A nicht durch B abzulösen.

Werden bestehende Gesellschafterdarlehen zurückgeführt, muss es zudem nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Firmengründer auscasht. Womöglich hatte er eine wichtige Zwischenfinanzierung aus eigener Tasche bezahlt und führt sein Engagement lediglich wieder auf Normal zurück. Und vielleicht gilt hier sogar zusätzlich die Sache mit B ersetzt A.

Etwas auf der falschen Fährte erscheint daher die These, dass sich das „durchschnittlich höhere Risikoprofil von Anleihen zur Umschuldung“ auch in der Kuponhöhe niederschlagen sollte(?). Hier hatten die Untersuchenden im Durchschnitt 0,24 Prozentpunkte Aufschlag ausgemacht – und halten das für „jedoch noch deutlich zu gering“. Bei allem Respekt, anders herum ergibt es mehr Sinn. Für Expansionsvorhaben gibt es schließlich noch Eigenkapitalmöglichkeiten, dann auch mit Upside für Investoren.

Falko Bozicevic,
Chefredakteur BondGuide

Ursprünglich erschienen im BondGuide #15/2013