Smart Solutions: Anfechtungsklage gegen AGV-Beschlüsse

Foto: © Sympatex Technologies GmbH

Nach der zweiten Anleihegläubigerversammlung der kriselnden Smart Solutions Holding GmbH (SSH; vormals Sympatex Holding), bei der die Anleihegläubiger für den vorgeschlagenen Restrukturierungsplan stimmten, gehen Schirp & Partner Rechtsanwälte auf die Barrikaden: Als ein für die Bondholder insgesamt benachteiligendes Konzept kritisiert, kündigen die Kapitalmarktrechtler die Anfechtung der Beschlüsse vor Gericht an.

Bei der AGV-Neuauflage waren die Bondholder aufgerufen, dem von der Beteiligungsholding der auf Funktionstextilien spezialisierten Sympatex Technologies (STX) angestrebten Sanierungskonzept durch umfangreiche Änderung der Anleihebedingungen ihren Segen zu erteilen und damit den Verkauf von STX an einen namentlich nicht genannten Investor für den symbolischen Kaufpreis von 1 EUR zu ermöglichen.

Im Gegenzug wird ihnen eine einmalige „Abfindung“ von 10% der gesamten Anleihenforderung über nominal 13 Mio. EUR (ohne Zinsen!) in Aussicht gestellt, mit der das Engagement in SSH zugleich vollständig endet – d.h. sie verzichten damit auf sämtliche Zins- und Tilgungsansprüche aus der Anleihe.

Außerdem verzichten sie damit auf ihre Sicherungsrechte an der bekannten Marke „Sympatex“ und auf die Rechte aus dem Garantievertrag mit Sympatex Technologies.

Smart Solutions Holding: Sollen die Anleihegläubiger kalt enteignet werden?Schirp & Partner kritisierte die angestrebten Beschlüsse von Anfang an und stellte Gegenanträge, die sich u.a. auf einen formalen Mangel im Konzept stützen. Wichtiger als der formale Aspekt sei aber, dass nach Einschätzung von Schirp & Partner durch die gegenwärtigen Beschlüsse „eine durch nichts zu rechtfertigende Benachteiligung der Anleihegläubiger stattfindet“.

Die operativ tätige Tochter Sympatex Technologies GmbH ist renditefähig und erwirtschaftet ein EBITDA von ca. 1 Mio. EUR p.a. Warum sollen die Anleihegläubiger ihre Garantieansprüche gegen dieses Unternehmen herschenken? Und warum sollen die Anleihegläubiger ihre Sicherungsrechte an der Marke „Sympatex“ aufgeben? Selbst wenn es zu einer Insolvenz käme, wäre das Sonderrecht an der Marke ein wichtiges Faustpfand für die Anleihegläubiger. Hier wird doch bloß ein Drohszenario aufgebaut, um die Anleihegläubiger rauszudrängen und ein werthaltiges Unternehmen einem anonymen Dritten zuzuschanzen“, kommentiert Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp.

Smart Solutions IHS 2013/18 (WKN: A1X3MS)

Smart Solutions IHS 2013/18 (WKN: A1X3MS)

Unverständlich bleibt für die Kapitalmarktrechtler in diesem Zusammenhang das Verhalten der Schnigge Wertpapierhandelsbank SE: Diese hatte im Vorfeld der finalen AGV SSH-Anleihebestände aufgekauft und sich dadurch entsprechende Mehrheiten im Termin gesichert, „obwohl die kleineren Anleihegläubiger sich heftig wehrten.“ Fragwürdig ist demzufolge der Umstand, warum Schnigge im Kaufangebot zuvor noch 16,5% je SSH-TSV bot, in der Versammlung dann jedoch einem Kapitalschnitt von 90% zustimmte„welche Motive hinter diesem – vordergründig verlustreichen – Geschäft standen, wurde nicht offengelegt.“

Auch die Umstände und die Geheimniskrämerei um den angeblich anonymen Käufer bieten laut Schirp & Partner ausreichend Fläche für Kritik: Unabhängige Beobachter gehen davon aus, dass alles für eine Strohmanntätigkeit spricht, hinter der sich der eigentliche Erwerber verbirgt.“

Kein gutes Haar lässt Schirp & Partner zudem am gemeinsamen Anleihevertreter One Square Advisory: Diese „hat sich eine Zusatzvergütung von 400.000 EUR ausloben lassen, wenn es ihr gelingt, eine Insolvenz des Unternehmens zu vermeiden – also das einzige Szenario, in dem die Anleihegläubiger ihre Sicherungsrechte wirksam hätten ausspielen können.“

Dr. Wolfgang Schirp

Dr. W. Schirp

Hier ist unseres Erachtens ein abgekartetes Spiel gespielt worden, um die Anleihegläubiger um ihr Geld zu bringen und ein im Kern gesundes Unternehmen einem Dritten zuzuschieben. Wir werden dabei nicht untätig zusehen. Bereits in der Versammlung haben wir Widerspruch zu Protokoll erklärt. Nunmehr werden wir mit der Anfechtungsklage nachsetzen, schließt Dr. Wolfgang Schirp seine Ausführungen.

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