Ohne Gewährleistung: Eigentümer-geführte Unternehmen sind auch keine Garantie – ein Kommentar von Ralf Meinerzag, Steubing

Wie viele erwarteten, stehen seit letztem Monat die Anleihen der Rickmers Holding im Wert von 275 Mio. EUR im Feuer. Hier hat der gute Name des Reedereigründers sicherlich auch so manchen Investor überzeugt sein Geld anzulegen. Pech gehabt sagen nun die Anwälte von Bertram Rickmers. Sie sollen ihre Anleihe, die mittlerweile bei nur noch um die 5% vor sich hindümpelt, in nachrangiges Aktienkapital einer Luxemburger Gesellschaft tauschen. Dann könnten sie immerhin noch mit der Auszahlung des nächsten Kupons in Höhe von 8,875% im Juni rechnen.

Die Freude der – insbesondere professionellen – Investoren hält sich in Grenzen. Wir halten dieses Angebot ebenfalls nicht für überzeugend. Insbesondere weil wir davon ausgehen, dass im Falle einer Insolvenz alle Gläubiger gleich behandelt werden müssen, was bedeuten würde, dass auch die Kredite der HSH nicht vorab bedient werden dürften.

Im Jahr 2013 wurde die Rickmers-Anleihe begeben. Schon damals waren die Kosten für die Reederei zu hoch, um auf dem Weltmarkt weiter bestehen zu können. Auch in den Folgejahren konnte das Management um Bertram Rickmers seine Kosten nicht nachhaltig drücken. Alleine im Jahr 2016 wurden massive Verluste von rund 300 Mio. EUR eingefahren – auch hier: Managementfehler gleich Managementkrise.

RICKMERS HOLD.ANL 2013/18 (WKN: A1TNA3)

RICKMERS HOLD.ANL 2013/18 (WKN: A1TNA3)

„Hinzu kommt, dass die Rickmers Gruppe in ihrer Flotte vor allem kleine Frachter mit einer Kapazität von bis zu 4.500 Containern führt. Diese haben in der Schifffahrtskrise besonders gelitten und können mit ihren Einnahmen kaum die Betriebskosten decken. Im Rickmers Maritime Trust befinden sich überwiegend Schiffe der sogenannten Panamax-Klasse mit einer Länge von maximal 294 und einer Breite von 32 Metern. Deren Vorteil war, dass sie in der Vergangenheit gerade noch so durch den Panamakanal passten. Doch seitdem dieser ausgebaut wurde, haben diese Schiffe ihr wichtiges Alleinstellungsmerkmal verloren.“ (Hamburger Abendblatt 07.11.2016) War für Bertram Rickmers und für die emissionsbegleitenden Berater der Ausbau des Panamakanals etwa ein schwarzer Schwan? Die Strategie von Rickmers ist zumindest nicht ausgereift zu nennen. Deswegen ist auch hier zum Zeitpunkt der Emission von einer nachhaltigen Strategiekrise des Eigentümer-geführten Unternehmens auszugehen.

Seit dem 10. Mai 2017 ist es nun auch final klar: Die SolarWorld AG musste Insolvenz anmelden. „Der Vorstand ist nach umfassender Prüfung heute zu der Überzeugung gelangt, dass im Zuge des aktuellen Geschäftsverlaufs und der weiter voranschreitenden Preisverwerfungen keine positive Fortbestehensprognose mehr besteht.“ (Pressemitteilung SolarWorld AG, 10.05.2017).

SolarWorld AG: InsolvenzGründer und CEO Frank Asbeck hat diese Preisverwerfungen, die es spätestens mit der Reduzierung der staatlichen Förderungen gegeben hat, nicht vorausgesehen? Er hat nicht erkannt, dass die Produktionskosten für deutsche Photovoltaik-Anlagen zu hoch sind? (Managementkrise). „Auch SolarWorld-Chef Asbeck habe Fehler gemacht, heißt es. Zu spät – nämlich erst zu Beginn dieses Jahres – habe er mit einem Sparprogramm auf die schrumpfenden Erträge reagiert. Geschäftliche Chancen wie die Beratung mit eigenen Beschäftigten oder das Geschäft mit Speicherbatterien habe er liegen lassen.“ (FAZ-online 11.05.2017).

In den Jahren 2010 und 2011 ließen sich viele Anleger vom markigen Auftreten von Frank Asbeck überzeugen und zeichneten Anleihen im Umfang von 550 Mio. EUR. „Seither hatten Anleger wenig Freude an ihrem Investment. Bereits 2013 mussten sie auf 60% ihres Geldes verzichten und einen Teil ihrer Anleihen in Aktien umwandeln. Doch noch immer stehen laut Bloomberg zwei Anleihen mit einem Gesamtvolumen von knapp 170 Mio. EUR aus.“ (Handelsblatt online, 11.05.2017).

SolarWorld AG: InsolvenzSeit 2009 war klar, dass die weltweite Finanzkrise auch direkte Auswirkungen auf die Förderprogramme für Sonnenenergie hatte. Viele Staaten mussten die Förderung einschränken oder komplett streichen. Gleichzeitig schwemmten preiswertere chinesische Produkte auf den europäischen und amerikanischen Markt. Dementsprechend wurden die SolarWorld-Anleihen in einer handfesten Strategiekrise emittiert. Vielleicht galt für den Bonner Asbeck als Strategie auch das Kölsche Grundgesetz: Et kütt, wie et kütt und et hät noch immer jod jejange.

Fazit
Sogenannte Familienunternehmen oder Eigentümer-geführte Unternehmen sind im Management nicht unbedingt besser aufgestellt. Langjährige Marktkenntnis, vielleicht sogar über Generationen hinweg, schützen nicht vor handfesten Strategiekrisen. Häufig versuchen die Eigentümer, Verursacher der betriebswirtschaftlichen Krisen, anstatt die Probleme zu lösen, einfach durch die Aufnahme von Fremdkapital, entstandene Liquiditätslücken zu schließen. Für Investoren bedeutet dies: Ein traditionsreiches Unternehmen muss nicht auch unbedingt ein gutes Unternehmen sein.

Fondsmanager Ralf Meinerzag (r.) und Roger Bürgin

Fondsmanager Ralf Meinerzag (r.) und Roger Bürgin

16. Mai 2017

Pressekontakt: Klaus-Karl Becker +49 172 61 41 955, klaus-karl.becker@steubing.com, www.germanmittelstandfund.de