ROUNDUP/Streit um US-Staatsfinanzen: Sorgen der Anleger wachsen

FRANKFURT/WASHINGTON (dpa-AFX) – Bei Anlegern und Experten wachsen die Sorgen vor einem Zahlungsausfall der USA wegen der Streitereien um die Staatsfinanzen. Zwar blieben größere Kursverluste an den Börsen am Freitag aus, die Unsicherheit der Investoren machte sich aber am Anleihemarkt bemerkbar. Ökonomen warnten zudem vor möglichen Folgen für die Weltwirtschaft, sollte sich die Auseinandersetzung sehr lange hinziehen.

An den Börsenplätzen bleibt das Thema allgegenwärtig. Der deutsche Aktienmarkt zeigte sich ohne klare Richtung. An anderen europäischen Börsen ging es hingegen größtenteils aufwärts.

Die Angst vor einem Zahlungsausfall der USA schlug sich aber in deutlich höheren Versicherungsprämien auf amerikanische Staatsanleihen nieder. Am Freitag kostete eine Ausfallversicherung (CDS, ‚Credit Default Swap‘) für US-Anleihen mit fünfjähriger Laufzeit bis zu 45 Basispunkte oder 0,45 Prozent des versicherten Werts. Das bedeutet, dass zur Absicherung einer Anleihe mit einem Nennwert von beispielsweise 10.000 Dollar eine jährliche Prämie von 45 Dollar fällig wird. Das ist der höchste Stand seit Anfang dieses Jahres.

Gerade in den vergangenen Tagen, als sich US-Regierung und Kongress nicht auf einen neuen Bundeshaushalt einigen konnten und zahlreiche Behörden schließen mussten, haben die CDS-Prämien deutlich angezogen. So hatte eine Ausfallversicherung Mitte September gerade mal 25 Basispunkten gekostet – etwas mehr als die Hälfte des jetzigen Werts.

Wichtigster Grund für die Entwicklung: Mitte Oktober wird in den USA die staatliche Schuldenobergrenze von 16,7 Billionen Dollar erreicht. Sollte die Grenze wegen des politischen Streits nicht rechtzeitig angehoben werden, drohen Zinszahlungen und Tilgungen auf amerikanische Staatsanleihen auszufallen. Die Folge: Die USA wären zumindest übergangsweise zahlungsunfähig. Angesichts der immensen Bedeutung des amerikanischen Anleihemarkts – es ist der mit Abstand größte der Welt – wären die Konsequenzen nicht nur für Amerika dramatisch. Das US-Finanzministerium warnt vor der größten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg.

Im internationalen Vergleich fallen die Versicherungskosten gegen einen Zahlungsausfall der USA aber immer noch niedrig aus. Beispielsweise liegen die CDS-Prämien für spanische oder italienische Staatstitel mit über 2.000 Basispunkten rund fünfzigmal so hoch wie die Prämien auf US-Anleihen. Eine Versicherung für portugiesische Anleihen kostet sogar hundertmal so viel.

Auf der anderen Seite müssen Anleger zur Absicherung einer deutschen Bundesanleihe mit fünfjähriger Laufzeit zurzeit nur 25 Basispunkte berappen. Auch eine Versicherung gegen einen Zahlungsausfall der Schweiz oder Großbritanniens kostet aktuell weniger als ein CDS-Papier für die USA.

Ökonomen warnten unterdessen vor den Folgen für die Weltwirtschaft, sollte die US-Haushaltskrise länger andauern. Schon jetzt sei der Budgetstreit ‚einer kontinuierlichen Erholung der US-Wirtschaft sicherlich nicht zuträglich‘, sagte Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise ‚Handelsblatt Online‘. Ein nur kurzer ‚Shutdown‘ von beispielsweise einer Woche werde die Konjunktur wahrscheinlich nicht nachhaltig dämpfen. ‚Die Risiken steigen jedoch mit einem längeren politischen Stillstand und der noch kommenden Debatte um die Erhöhung der Verschuldungsgrenze.‘

Auch die US-Regierung und der Internationale Währungsfonds (IWF) hatten vor schweren weltwirtschaftlichen Folgen gewarnt. Sollte der Kongress das Schuldenlimit nicht rechtzeitig erhöhen, könnte es zur größten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg kommen, hieß es am Donnerstag aus dem US-Finanzministerium in Washington. ‚Die ganze Welt würde Probleme bekommen‘, warnte US-Präsident Barack Obama. ‚Wenn wir das vermasseln, vermasseln wir es für jeden.’/rad/bgf/DP/jkr