HINTERGRUND/Schuldenstreit mit Hedgefonds: Argentinien gerät weiter unter Druck

BUENOS AIRES/FRANKFURT (dpa-AFX) – Argentinien gerät im Rechtsstreit mit widerspenstigen Gläubigern immer heftiger unter Druck. Nur zwölf Jahre nach der letzten Staatspleite, versucht das Land mit einem Kniff erneut den Zahlungsausfall zu verhindern. Nachdem die Regierung am Freitag eine herbe Schlappe vor einem New Yorker Berufungsgericht kassiert hatte, kündigte Staatschefin Cristina Kirchner zu Wochenbeginn in einer Fernsehansprache ein neues Umschuldungsangebot an – sowohl für die klagenden Hedgefonds als auch für Investoren, die bereits einen Schuldenschnitt akzeptiert haben. Ob das reicht, um den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ist fraglich.

Der Rechtsstreit resultiert aus der Staatspleite von 2001. Nachdem Argentinien den Schuldendienst eingestellt hatte, begnügten sich in den Folgejahren 93 Prozent der Investoren mit Teilbeträgen der ursprünglichen Forderungen, um nicht komplett leer auszugehen. Einige Gläubiger, angeführt von den aggressiven US-Hedgefonds NML Capital und Aurelius, blieben jedoch stur und bestehen bis heute auf volle Rückzahlung der Schulden inklusive aufgelaufener Zinsen. Um das Geld einzutreiben, haben sie in den vergangenen Jahren zu teils radikalen Methoden gegriffen. Höhepunkt war die Beschlagnahme einer argentinischen Marine-Fregatte in Ghana.

Ein New Yorker Gericht hat Argentinien im vergangenen Herbst untersagt, seine aktuellen Anleihen weiter zu bedienen, solange die alten Schulden nicht beglichen sind. Auch wenn der Streitwert im Verfahren gegen die Fonds zunächst nur bei 1,33 Milliarden US-Dollar liegt, könnte Argentinien schwer in die Bredouille geraten. Wenn es seinen Boykott aufrechthält, steht durch das Auszahlungsverbot der Richter die Bedienung weiterer Schulden in zweistelliger Milliardenhöhe auf dem Spiel.

Der Konflikt mit den Hedgefonds spitzt sich weiter zu: Am Freitag bestätigte ein Berufungsgericht das Urteil aus der Vorinstanz. Das letzte Wort soll nun der Oberste Gerichtshof der USA haben. Der Prozess findet dort statt, weil die Staatsanleihen seinerzeit in US-Dollar unter amerikanischem Recht ausgegeben wurden. Eine Entscheidung wird frühestens Ende 2014 erwartet, doch schon jetzt sieht sich die Regierung in Buenos Aires unter Zugzwang. Kirchner hat bereits mit einem neuen Angebot an die Gläubiger reagiert. Dabei hat die hat Staatschefin nicht die aggressiven Hedgefonds im Blick. Sie gelten ohnehin nicht als verhandlungsbereit und haben derzeit die Oberhand im Verfahren. Zudem hat Kirchner mehrfach betont, dass die Forderungen der von ihr als ‚Aasgeier‘ bezeichneten Fonds auf keinen Fall bedient werden.

Stattdessen versucht die Regierung nun, die Weichen dafür zu stellen, ihre bereits umgeschuldeten Anleihen weiter auszahlen zu können. Deswegen bietet sie denjenigen Investoren, die schon Abschreibungen von bis zu 70 Prozent auf den Nominalwert akzeptiert haben, einen Tausch in Anleihen unter argentinischem Recht an. Mit diesem Kniff könnte das Verbot des Berufungsgerichts umgangen werden, so die Hoffnung. Denn in den USA stehen die Auszahlungen unter akuter Pfändungsgefahr, da Argentinien sie über die Bank of New York tätigt. Indem die Regierung anbietet, die umstrukturierten Titel unter nationales Recht zu stellen, will es Vorkehrungen treffen, um den Zahlungsfluss aufrecht erhalten zu können.

Experten halten eine einvernehmliche Lösung im Clinch zwischen den Hedgefonds und Buenos Aires für ausgeschlossen. Der Konflikt dauert mehr als zehn Jahre, die Fronten sind verhärtet. Mittlerweile sehen Beobachter die einzige Chance für eine Einigung im Abgang von Staatspräsidentin Kirchner. Argentinien wählt 2015. Politische Analysten halten eine Abwahl für möglich. So könnte doch noch der Weg geebnet werden, endlich reinen Tisch mit den sogenannten ‚Geierfonds‘ zu machen./hbr/bgf/stb

— Von Hannes Breustedt, dpa-AFX —